Auswärtsspiel ist mehr als nur Fußball, ein mittelschwerer Exzess gehört mindestens ebenfalls dazu, wobei das altersbedingt dann doch etwas nachlässt. Zumindest bei mir. Von daher war es nicht verkehrt, dass die diesjährige Letzte-Auswärtsspiel-Fahrt in übersichtlicher Besetzung über die Bühne ging. Überhaupt war die Fahrt nur deshalb möglich, weil ich beim VVK-Start zufällig pünktlich vorm Rechner saß und aus alter Gewohnheit wie in Trance zwei Karten geordert hatte. Das war noch die leichtere Übung, die größere Schwierigkeit bestand darin, überhaupt einen Mitstreiter für die paar Kilometerchen nach Hangover zu begeistern. Ich hatte mich innerlich schon damit abgefunden, das überschüssige Ticket vorm Niedersachsenstadion zu verkloppen, da fand sich doch noch ein tapferer Kollege. Der erwies sich dann sogar als Jackpot: Fahrzeug, Unterkunft, Rauschmittel, all inclusive! Obendrauf ein Wetterchen vom Feinsten, Meckern war unmöglich.
Zum Spiel. Zum Spiel?? Sowas von egal! Na ja, nicht ganz egal, aber so gut wie. Immerhin die zweite Halbzeit einsnull gewonnen, das ist doch auch was. Wer sich auskotzen will, kann das gerne woanders tun. Für mich ist an dieser Saison schon fast der Haken dran, tschüssikowski.
Zurück zu Hannover. Eigentlich keine Stadt zum Purzelbäume schlagen. Knapp über 500.000 Einwohner (ich Schäfchen hatte ne knappe Million oder mehr getippt), ein Fluss namens Leine, ein Verein, der kleiner hsv gerufen und von einem Gernegrößer getrieben wird. Hört, hört.
In der Nordstadt soll es sogar annehmbare Kneipen geben. Wir hatten unser Quartier in der Oststadt bezogen. Gutbürgerlich, sauber, grün, Parkplatz vorm Haus. Und ganz in der Nähe mit (laut Auskunft zweier Locals) zwei empfehlenswerten Bierhallen, eine mit Namen „Spektakel“, die andere wurde „Grotte“ getauft. Spektakel hörte sich erstmal jut an, bei näherem Betrachten entpuppte sich der Name aber als ziemlicher Etikettenschwindel; ein paar Hanseln und Hanselinnen kauerten nahezu regungslos in ihren Stühlen und starrten unspektakulär vor sich hin. Die Grotte machte ihrem Namen schon eher Ehre, vor allem die grottige Deko, aber um ein, zwei, drei Mollen zu zischen und währenddessen ein wenig Stilkritik zu üben, dafür wars nahezu ideal.
Eigentlich wollten wir noch ne Runde Pool spielen, stattdessen gesellte sich während einer Rauchpause vorm Lokal eine durchgeknallte Alte zu uns. Wenn man ihr Glauben schenken mag, dann wars ne Polizistin (im Rang einer Hauptkommissarin) mit Vergangenheit als Footballspielerin. Lieblingssatz: „Voll in die Fresse!“ Auffällig war zudem ein leicht bayerisch gefärbter Dialekt und ein Flatschen silbriger Glitzerschminke, quer übers Gesicht verteilt. „Damit ich sehe, wenn ich schon geknutscht habe.“ Verstehe. Und woher kommst du ursprünglich? „Aus Hannover.“ Ach. Wie kommt es dann zu deinem Dialekt? „Das sag ich dir, wenn ich dich gefickt habe.“ Kein Witz, Freunde, hat sie gesagt, vor Zeugen. Nee, bedankt. Diese Dragonerbraut dann doch lieber nicht. Nicht hässlich, gepflegte Zähne und gekämmte Haare, aber Händedruck wie ein Schraubstock und figürlich eher Schlammcatcherin als Balletteuse. Hat zudem mehrere Runden Rhabarberschnaps bestellt und ist dann irgendwann ohne zu zahlen stiften gegangen, aber nicht ohne mir vorher noch ein letztes „Alter Sack!“ zuzuraunen. Früher wäre mir das vermutlich ziemlich wumpe gewesen, da wäre ich mitgedackelt, aber früher, meine lieben Freunde, früher hatten wir auch noch Ete Beer.