Sehr, sehr wichtig

Wenn es partout nicht läuft, gilt als probates Blockadelösemittel, einfach mal die üblichen Abläufe zu ändern. Und siehe da: Es funktioniert!
Ich habe es selbst ausprobiert: Bin vor dem Augsburgspiel mit der U-Bahn statt wie üblich mit der S-Bahn angereist, habe mir das Treffen auf den Terrassen verkniffen, statt Block K sind Sohnemann und icke in Block L geschlendert, zuvor hatten wir das Stadion durch das Osttor – und nicht wie üblich via Südtor – betreten. Und während ich sonst immer auf den letzten Drücker am Platz bin, konnte ich diesmal sogar noch das Warmmachen verfolgen. Fast wie zu meiner Frischlingszeit. Damals war ich mitunter noch vor Öffnung der Stadiontore vor Ort. Aber damals gab es ja auch noch Vorspiele und Blaskapelle.
Zurück zur aktuellen Berlin-Blockade. Dass es trotzdem fast 88. Minuten gedauert hat, bis die Kirsche endlich im Netz zappelte, hat eindringlich vor Augen geführt, wie quer der Furz bei Hertha hing. War nicht leicht, das Ding rauszudrücken, das war allen Beteiligten anzumerken. Schon der erste Anstoß hat Probleme bereitet und musste wiederholt werden. Habe noch nirgends gelesen, was da schief gelaufen ist.
Vielleicht erklärt es Pal Dardai beizeiten, der ist dichter am Geschehen. So wie Pal die ganze Zeit am Spielfeldrand steht, wirkt er auf mich wie ein Halbstarker. Arme verschränkt, den Kopf leicht nach vorne gebeugt. Die klassische Wat-willste-Alter?!-Stellung.
Am Anfang seiner Cheftrainer-Mission wollte er für meinen Geschmack etwas zuviel, mittlerweile nimmt er sich ein bissel zurück. Könnte mir denken, dass er auch von der internen Richtlinienkompetenz Abstand genommen hat. Würde nur für ihn sprechen.
Gestern gab es eine Szene (ich habe nur die eine beobachtet), da stand Pal wieder so cowboymässig in seiner Coachingzone und sah aus, als wolle er sich jeden Moment selbst ins Getümmel stürzen. Macht er aber nicht, er steht nur da und stiert auf den Platz. Plötzlich springt Rainer Widmayer von der Bank, gestikuliert hinter dem Rücken des Chefs heftigst mit den Armen. Pal hat das wahrscheinlich gar nicht registriert, er hat einfach weiter gestanden und gestiert.
Damit will ich keine Hinterfotzigkeit von Assi Widmayer andeuten, niemals, ich halte Widmayer für einen ausgezeichneten Co-Trainer und absolut loyal. Dass er hinter dem Rücken agiert ist rein optisch gemeint. Aber es könnte eben auch ein Hinweis darauf sein, wer die Hosen anhat. Das musste sich zwischen den beiden ja auch erstmal einpegeln, auch wenn sie sich schon vorher kannten. Aber damals war Pal eben noch Rasenfresser und kein Seitenlinien-Lord.
Machen wir uns nix vor, Pal ist ein guter Junge, aber eben auch noch sehr grün. Ungarischer Nationaltrainer hin oder her. Jeder kann sich an seinen eigenen zehn Fingern abzählen, dass der Rekordspielerfanlieblingbonus früher oder später aufgelutscht ist. Was dann passiert, brauche ich nicht zu erklären, das kann jeder im Gesetzbuch der Fußballbranche nachlesen.
Mein Vorschlag: Lasst den Pal die Saison retten, dann tritt er wieder ins hintere Glied und macht seine Ausbildung fertig. Von mir aus Ungarn im Nebenjob. Micha Preetz (oder wer auch immer) sucht derweil jemanden, der sich für Widmayer ins Rampenlicht stellt und Samstags telegen aufs Spielfeld starrt.