Manchmal kommen sie wieder

War da nicht mal was? Ach ja, Relegation 2012, was für ein grandioses Spektakel, mit Platzsturm und Pyronale, eine meiner schönsten Erinnerungen. Ich war live dabei, zumindest beim Hinspiel. Ich habe mal im Archiv gekramt und einen alten Artikel dazu entdeckt. Sehr gelungen, wie ich finde. Den wollte ich Euch nicht vorenthalten. Auch diesmal werde ich vor Ort sein, sogar beim Rückspiel. Karten sind geordert, Anfahrt ist gesichert. Doch dazu später mehr. Erstmal der unvermeidliche Blick zurück. Ohne Zorn. Vorhang auf:

13. Mai 2012

Nach dem Rele-Hinspiel war ich natürlich auch noch beim U19-Pokalfinale, ich erspare mir nichts. Natürlich haben wir verloren, knapp, aber nicht unverdient. Die anwesenden Herthaner haben es mit beinahe stoischem Gleichmut ertragen. Warum beinahe? Weil nahezu über die gesamte Spielzeit rumgenörgelt wurde, an den Spielern, an den Trainern, an Herthas Nachwuchsarbeit, an Hertha insgesamt. Am Schiedsrichter, an den gegnerischen Fans, am mangelnden Bier, an den eigenen Fans. Ein besonders penetrantes Exemplar stand direkt hinter mir. Ungelogen: Solch ein Auswurf an Defätismus und Miesmacherei ist mir noch nicht untergekommen, jedenfalls kann ich mich nicht erinnern. Und das will was heißen, immerhin gehe ich seit fast vierzig Jahren zu Hertha. Im Sekundentakt verbreitete diese Faselbirne ihren geistlosen Unrat, um mitten im Wortmüllfluss die eigene Klugscheißer-Sabbelei mit der Bemerkung zu krönen: „Hier ist ja gar keine Stimmung!“ Ach, ehrlich?!

Nein, diese Knallcharge merkt nichts mehr, aber rein gar nichts. Ich fürchte nur, das ist kein Einzelfall. Aber mein Gott, was rege ich mich auf. Eindimensionales Tieffliegertum ist schließlich der Humus dieses Vereins. Nicht nur von unserer Hertha, die ganze Fußballwirtschaft könnte ohne die Heerscharen von Schnabbel- und Sabbelheinis gar nicht existieren. Muss man sich mal vorstellen.

Ich kann es jedenfalls kaum erwarten, dass die Saison 2011/2012 endlich vorbei ist. Dabei hatte ich mich schon so auf die EM gefreut. Es ist wieder einer dieser Momente, in denen ich mir wünsche, der Verein möge sich bitteschön selbst auflösen. Ich habe es vor Monaten schon empfohlen, jetzt wäre wieder eine günstige Gelegenheit. Das ganze degenerierte Spielermaterial verscherbeln, das Trainingsgelände, dazu die Sammlung an Schwarzwaldpokalen, Babbels geheime Tagebücher, die schwarzen Kassen aus der Holst-Ära. Da könnte am Ende sogar ein kleines Plus bei rumkommen, schließlich wäre Hertha dann ein abgeschlossenes Sammelgebiet. Gibt sicher genug Idioten, die sich auf den ganzen Krempel stürzen. Trikots, Stutzen, der ganze Fan-Klimbim, alles würde zu Höchstpreisen gehandelt. Wir wären nur mehr ein Fall für Nostalgiker. Die Spezies der einstigen Hertha-Fans würde aufblühen, weil sie ihre Energie endlich für sinnvolle Aktivitäten verpulvern könnten. Statt in der Ostkurve träfen sich die Ultras in öffentlichen Grünanlagen, um ihre Mitbewohner mit originellen Choreos aufzuheitern. Einmal im Jahr Pokalfinale, hin und wieder ein Länderspiel, reicht völlig.

Ich würde mich der Politik zuwenden, soviel ist sicher. Wahlparties statt Weihnachstfeiern, als Ehrengast ein Senator oder sogar der Bürgermeister. „Hallo, Herr Wowereit, was machen die Kreuzbänder?“ Gäbe bestimmt einen Lacher.

Apropos Politik. NRW hat gewählt, das Land, dessen Hauptstadt uns am Dienstag seine Gastfreundschaft aufdrängelt. Der dicke Calli, der blöde Basler und der bescheuerte Berthold haben uns vorab vor einem Millionenpublikum schon mal zu Losern erklärt. Sogar Otto denkt nur noch an Urlaub. Dabei dachte ich, unser Coach kommt noch mal zur MV, lässt sich standesgemäß abfeiern und liefert ein Potpourri seiner besten Sprüche. Oder, noch besser, Rehhagel zaubert einen griechischen Reeder aus dem Hut, der uns ein paar Milliönchen spendiert. Zusammen mit den Scheich-Millionen gäbe das sicher ein fettes Sümmchen. Damit bauen wir uns dann ein neues Stadion, einfach so. Spielen darf keiner drin, außer Hertha. Aber die lösen wir ja vorher auf. Das wird ein Spaß.