Irgendwat mit Zypern

Ich war mir nicht so sicher, ob ich gegen Bochum dabei sein kann, musste vorher noch die Erlaubnis meines Sohnes einholen. Der hatte nichts dagegen, so ist er zu seinem ersten Herthaspiel gekommen. Folgendes steht nun in den Annalen: Gegen den VfL Bochum wars, zwote Liga, zweinull gewonnen, Tore Ronny und Schulz (letzterer schoss sein erstes Profitor, also noch eine Premiere). Hatte eigentlich mit dem Gedanken gespielt, den Eintritt zu prellen, was mir mein Stammhalter aber zum Glück ausreden konnte. Der Dialog lief ziemlich genau so ab: "Junge, wennse dich fragen, wie alt du bist, sagste fünf." "Warum?" "Na, dann muss ich kein Eintritt für dich zahlen." "Aber das ist Betrug!" Konnte ich nicht widersprechen, er hat ja so recht. Kann erziehungsmäßig nicht alles falsch gewesen sein. Das Treu und Redlichkeit sich lohnen – schon die Absicht zählt übrigens – zeigte sich dann vorm Stadion, als uns ein unbekannter Gönner wie zur Belohnung ein Ticket in die Hand drückte (seine Kinderschar war komplett krank ausgefallen). Zu kitschig, um wahr zu sein? Tja, solche Schmonzetten schreiben eben nur der Fußball und Egmonte, zwinker, zwinker.
Ganz für lau bin ich aus Sohnemanns erstem Stadionerlebnis trotzdem nicht rausgekommen. Irgendwann hatte der Kurze nämlich Hunger, das hatte ich in der Eile des Aufbruchs nicht bedacht – normalerweise nehme ich höchstens ein, zwei Bier mit, wenn nicht gerade Fastenzeit ist. Damit hätte sich der Lütte aber nicht abspeisen lassen, eine Riesenbrezel musste es schon sein. Durst war ein größeres Problem, weil Herthas Caterer Aramark nur diese üble Fantacolablubberlutschplörre auf seiner Karte hat, mein göttlicher Knabe aber partout reines, pures, stilles und nichts als Wasser haben wollte. Haben die wahrscheinlich sogar im Angebot, allerdings nicht in ihrer Registrierkasse eincodiert, also rücken sie nichts davon raus. Nur durch illegales Abzapfen am Wasserhahn im WC-Bereich konnte der Durst eines potentiellen Hertha-Unterstützers schließlich gelöscht werden. Wer das nicht für einen Riesenskandal hält, ist ein Schalker!

Was gibt es zum Spiel zu sagen? Das Gewusel auf dem Rasen hat den Nachwuchs nicht ganz so gefesselt, wie unsereinen. Dass Ronny eine große Nummer zu sein scheint, ist immerhin angekommen. Fußball-Puristen werden jetzt entsetzt aufschreien, aber die Werbeanimationen auf der Anzeigetafel fand er richtig Klasse – besonders die mit dem fußballspielenden Flugzeug.
Apropos: Wo war eigentlich Herthinho? Krank, verletzt, gesperrt? Auch die Vorstellung in der Ostkurve hat dem Jungspund zugesagt, das Fahnenmeer, die hochgereckten Schals, die hüpfenden Frösche. Ist von Block K ja auch bestens zu beobachten, besser online casino als Loge. Eine Fahne als Einstands-Souvenir sollte es am Ende dann auch sein. Ausgesucht hat sich der Jungmann ein seiner Größe (ca. 1,15 Meter) entprechendes Schwenk-Element mit Berliner Bär und Hertha-Logo (Onkel-Dieter-Gedächtnisversion). Letzte Lektion: Rückfahrt in rappelvoller U-Bahn, wo ich den Junior einige Male ermahnen musste, sein Fähnchen nicht als Stichwaffe zu missbrauchen. Krönender Abschluss schließlich die Erkenntnis, dass man sich das ganze Spektakel zu Hause nochmal am Bildschirm reinziehen kann. Was für ein irres Hobby.
Ich habe Titus gebeten, seine Eindrücke nochmals zu schildern, damit ich sie niederschreiben kann, wollte er aber nicht. Stattdessen hat er mir einen Brief an seinen anonymen Freund in Sri Lanka diktiert, den er kürzlich kennenlernen durfte. Hier isser:

„Lieber Kumpel, ich habe Dich vermisst. Aber ich will Dich gerne wiedersehen. Ich weiß, dass Deine Heimat Sri Lanka ist. Ich weiß, das Du in dem Hotel arbeitest und ich komme bestimmt bald wieder auf Schatzsuche in den Dschungel. Bei uns ist es nicht so schön wie bei euch, hier gibt es jeden Winter immer nur Schnee. Du weißt sicher nicht, was Schnee ist, das ist ganz, ganz kalt. Meine Stadt ist Berlin und Deutschland ist mein Land. Jetzt erkäre ich Dir, was Schnee ist: Schnee ist weiß und fällt vom Himmel. Den Himmel kennst Du ja schon. Schnee bleibt nicht immer, aber diesen Winter, als ich sechs war, dauerte es ganz lange. Ostern lag immer noch Schnee da. Schnee schmilzt, wenn es heiß ist. Wenn Du es anfassen willst, musst Du nach Berlin. Dazu brauchst Du zwei Flüge, Du musst erst in die Wüste, dann mit einem anderen Flugzeug weiter. Du kannst bestimmt nicht auf deutsch lesen, aber ich wünsche, das Du Deutsch lernst.“

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