Hertha, dit Leben und icke

Ein Zustandsbericht.

Nach bald fünfzigjährigen Hertha-Studien (not peer reviewed yet) behaupte ich mal, das Ding ist durch. Ich bin zwar Zweckoptimist, aber diesem Verein ist vermutlich nicht mehr zu helfen. Nicht mehr in diesem Leben. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Gut möglich, dass das ganze verdammte Fußball-Ding durch ist. For ever. Schnauze voll, aber sowat von gestrichen. Das ewige Sündenbockpalaver, liegt’s an Spieler XY, am Trainer, Manager, Präsi, Stadion, an der Bratwurst, am Pissoir, das geht mir mittlerweile so am Anus vorbei, es ödet mich nur noch an.

Nein, nein, ich bin nicht depressiv, lieber Leserich, trotz der Umstände. Mir geht’s gut soweit. Die Coronakacke geht mir natürlich gehörig auf den Senkel, allen voran diese maskierten Mikroben-Hysteriker, einfach nur noch krank. Und jetzt auch noch Kriegsgeheul, direkt vor der Haustür. Entsetzlich, wie immer. Die Wahrheit stirbt zuerst, wie jedermann weiß, ergo hat es sie längst hinweggerafft. Nachrichten könnte man getrost knicken, aber ist ein bisschen wie beim Fußball, man will wissen, wie es gerade steht. So banal, aber so isses.

Tolle Ukraine-Soli-Aktionen in den Stadien, übrigens. Anpfiff, Blutgrätsche, Rudelbildung. Bayern gewinnt, Dortmund hechelt hinterher, Union sammelt Sympathiepunkte. Von mir aus. Ich schmier mir ne Stulle und spiel nicht mehr mit.

Tschö, altes Leben! Hat Spaß gemacht, ich bereue nichts. Saufen, Kiffen, Kumpelfreuden. War nett. Mal mehr, mal weniger. Hertha hat ja auch mal gewonnen, erinnere ich mich, sogar gegen Großkopferte. Champions League? Kenn ick schon. Pokalfinale? Abgehakt. Zweitligarekordmeister? Check, check.

Mit einem Auge und Ohr werde ich das noch ein Weilchen verfolgen. Geht vermutlich nicht anders. Das Herz hängt nicht mehr dran. Vielleicht rede ich mir das auch nur ein, egal, Hauptsache Autosuggestion. Das hilft zumindest bei der Entwöhnung. War ja fast wie cold turkey, so plötzlich, damals, im März 2020. Nach fast zwei Jahren fühlt es sich schon weit weg an, das letzte Spiel im alten Leben. Dabei sind es nur wenige Stationen bis zum einstigen Ort der Sehnsucht, dem Olympiastadion. Fahnenschwenker, Büdchensteher, Ticket(ver)käufer. Fast kann ich den ewig ramponierten Rasen riechen, so nah scheint mir das Spielfeld.

Neues Stadion? Na, von mir aus gerne. Am liebsten allerdings in Brandenburg, irgendwo in der Pampa, weit hinter Kremmen, fast schon Meck-Pomm. Einfach so, um es mal in echt zu sehen, nicht nur als Traumschloss. Und weil mich brennend interessieren würde, ob sich die Wir-bleiben-in-Berlin-Fraktion ebenfalls von diesem, unserem Gruselklub abwendet. Selbstredend will ich auch erleben, was die Herrschaften Politikerinnen mit dem neoklassizistischen 1936er Denkmal famoses anstellen. Vermutlich wird’s ein Impfzentrum. Hust, hust, Hüstel.

Nicht schon wieder BSC – oder doch?

Vielleicht sattle ich einfach um und schließe mich dem BSC an, dem einzig echten, aktuell Sechster der Berlin-Liga. Unsere Kurzzeit-Liaison aus den wilden Zwanzigern des vergangenen Jahrhunderts, ewiges Erbstück der holprige Doppelname (ohne Bindestrich). Die schöne Hubertusallee (unweit des Herthasees) liegt auch nicht weit von mir entfernt. Zwanzig Minuten mit dem Fahrrad, allerhöchstens. Schwarz-Gelb oder Blau-Weiß, wen interessiert das schon?! Doch nur bornierte Farbfaschisten.

Nächsten Samstag versus Eintracht Frankfurt. Black and White. Adler auf der Brust. Wie der BSC. Der Echte. Das wäre ein Verein gewesen, warum konnte der mich nicht adoptieren? Dammich. Ich bin am Wochenende garantiert nicht dabei, wer noch nicht? Ok, Ihr Narren, dann rennt doch in Euer Verderben. Aber schreibt mal ne SMS, wie es steht. Damit ich was zum Löschen habe.

PS: Ein Lehm OHNE Hertha, dit wär wat. Man/fru, Alter/Alte, Digga/Diggerin, ditjehteinfanich. Einmal Alki, immer Alki, kannstenixmachn.