Blutig, medium oder durch?

[image caption=“Salzufer“ image_link=“/wp-content/uploads/2013/08/salzufer.gif“ float=“right“ style=“round“/][dropcap]W[/dropcap]er schon immer mal wissen wollte, wie die Traumwelten von Politikern, Wirtschaftsführern, Religionsoberhäuptern oder sonstigen Wichtigtuern aussehen, sollte mal die Welt des Autobauers Mercedes-Benz am Salzufer in Charlottenburg bewundern. Wie nicht anders zu erwarten, dominieren allerlei schnieke Kraftfahrzeuge das Daimlersche Universum. Blitze-Chrom und fette Pneus auf reichlich Etagen. Dazu künstliche Natur, symbolisiert durch Baumattrappen, tropenblaue Wasserläufe und eine Extremkletterwand nebst Wasserfall. Ein Kinderparadies gibts auch, da fahren haufenweise Miniautos rum, ein Schaukel-Eisbär mit Pferdesattel lädt zum Reiten ein, außerdem hat es einen Kickertisch. Ja, Fußball darf in der Welt von Mercedes natürlich auch nicht fehlen, man kann ihn sich sogar live per Sky reinziehen. Im Gegensatz zu vielen Wirten können es sich die Sternfahrer aus Schwaben locker leisten, mit der Deutschen liebstes Kind auf Kundenfang zu gehen. Ich kann mir zwar kein solches Edel-Gefährt leisten, aber Fussi kieken durfte ich trotzdem.
Ist eine ziemlich schräge Angelegenheit, schon rein architektonisch. Die Benz-Welt ist von außen betrachtet ein riesiger Glaskasten, innen sieht es aus wie eine Kreuzung aus Gewächs- und Parkhaus; drei oder vier Etagen gibts, die allerdings nur an den Wänden entlangführen. In der Mitte dominiert ein freier Raum vom Boden bis zur Decke, an der ein Riesenfernseher hängt. In der ersten Etage wurden ein paar Stuhlreihen aufgebaut, höchstens dreißig, würde ich tippen. Die sind kaum zu sehen, weil sie zwischen parkenden Autos aufgestellt wurden. Von dort aus glotzt man über ein Geländer auf den Riesenbildschirm.
Viel war in der Fußballwelt von Mercedes nicht los, außer uns dreien (später vier) waren schätzungsweise noch fünf, sechs Schaulustige dort, einer ist sogar eingeschlafen. Ich wäre niemals da hin, aber wir hatten eine Fünfjährige dabei, die sich selbsttätig im Kinderparadies bespaßen sollte, während wir uns in Ruhe die Sonntagspartien der ersten Runde im DFB-Pokal ankieken wollten. Eigentlich speziell Hertha, aber dort wird nur Konferenz gezeigt. Der schöne Plan ist trotzdem aufgegangen, alldieweil mit Bremen, Gladbach und Braunschweig drei lästige Konkurrenten den Schaden samt Spott davongetragen haben. Hertha hat sich auch wieder etwas gehen lassen. Es hat dennoch sollen sein, wir sind in der zwoten Runde, dieser Etatposten wäre also erfüllt.
Nun würde mich noch interessieren, wann die nächste Runde ausgelost wird. Alles andere ist geklärt: Lusti ist neuer Käptn und das ist auch gut so. Die Spielführer-Ernennung wurde ja diesmal wie ein Staatsakt behandelt, inklusive Liveticker, Twitter- und Facebookalarm. Und das auf allen Kanälen! Wer das übertrieben findet, bitteschön, kann man durchaus so sehen.
So funzt er nun mal, der digitale Medienrummel. Für den gemeinen User hat es den Vorteil, dass man nicht mehr so leicht hinters Licht geführt werden kann, weil man die einzelnen Verlautbarungen schön miteinander abgleichen kann. Wenn man denn will.
Ich gebe mal ein klassisches Beispiel: Bezugnehmend auf Luhukays Entscheidung, Lusti zum Spielführer zu berufen, wittert eine gewichtige Zeitung „Zündstoff“. In der „brutalen Degradierung“ von Niemeyer liege jede Menge „Konfliktpotenzial“. Zitat: „Trainer Jos Luhukay (50) muss höllisch aufpassen, dass keine Bombe explodiert!“ Oha! Wenn man nicht wüsste, dass es in der sattsam bekannten Redaktionsstube quasi zum guten Ton gehört, übers Ziel hinaus zu schießen, könnte man glatt meinen, hier lässt der Schreibknecht seinem Frust über die jüngsten Entscheidungen an der Konzernspitze freien Lauf. Der entscheidende Absatz kommt so daher: „Luhukay leicht angefressen: „Ab sofort werde ich nicht mehr öffentlich darüber sprechen, warum ein Spieler nicht spielt. Ich werde immer die beste Mannschaft für Hertha aufs Feld schicken, das ist meine Aufgabe.“ Und darauf aufpassen, dass es keine Explosion gibt!“
Dem kann ich mich nur anschließen: Trainer, schön aufpassen, dass es keine Explosion gibt! Wenn man sich den Ticker des Hertha-Blog-Meinungsführers Mopo (noch unter dem gleichen Konzerndach, aber vermutlich nicht mehr lange) zum gleichen Thema reinzieht, erhält man einen etwas anderen Eindruck. Ich zitiere: „13.44 Uhr Luhukay mit sehr klarer Ansage an die Journalisten:

 

[blockquote]Ich werde in den nächsten zwei, drei Monaten keine Fragen beantworten, wer sich wie fühlt, weil er auf der Bank oder der Tribüne sitzt. Von mir gibt es keine Kommentare mehr dazu. Wichtig ist, wer spielt.[/blockquote]

Dem könnte ich noch einiges von Interesse hinzufügen, mache ich auch noch, nur heute nicht mehrтак