Alles hat ein Ende, sogar die Wurst

[image caption=“In der Nordkurve von Veltins wird auch nur mit Wasser gekocht“ image_link=“/wp-content/uploads/2014/03/nordkurve.gif“ float=“right“ style=“round“/]Heimlich, still und leise. So war es geplant. Ich ganz alleine auf Auswärtsfahrt. Nach Gelsenkirchen, auf Schalke. Inne Nordkurve mittenmang die Hardcore-Kohlenmunks. Was für ein herrlicher Irrsinn. Vorher acht Stunden ackern, hinterher auch wieder schindern. Und zwischendrin einmal mit Deutsche Bahn zur Veltins-Halle und zurück, mit Zwischenstopp in Kreuzberg (NRW). Aber mal ganz von vorne und zum mitschreiben.

Dat ganze ging damit los, dat mich ne Freundin aus besachtem Kreuzberg im Bergischen Land anhaute, ob ich nicht mal auf Besuch kommen wollte. Gästezimmer, Garten, alles da. Kann man vielleicht mit Fußball verbinden. Dachte ich und sprachs aus. Nichts geschah, bis Monate später ein Angebot eintrudelte. Zwei Karten für S04 gegen Hertha. Inne Nordkurve, inmitten Fahnen, Ultras, Kuttenträgern. Muss dat sein? Ja, das muss. Ich soll aber bitte inkognito kommen. Wenns weiter nichts ist?

Freitag um Viertel vor vier aus den Federn, sechs Uhr Schichtbeginn. Flug MH370, Feuertod in Niedersachsen und süße Tierbabys im Frühlingsrausch. Das Übliche eben. Hauptsache pünktlich aus dem Verlag, um 15.07 Uhr geht mein Zug. Hat geklappt, dafür habe ich auf Pause verzichtet. Nix ungewöhnliches für vertragslose Honorar-Sklaven.

Mein Lohn: Zugfahrt 1. Klasse, ein Schnäppchen im Internet dank Bahncard 25. Vermutlich, weil der Zug ohnehin nur schwach besetzt ist. Umsteigen interessanterweise in Dortmund, 18.53 Uhr stehe ich aufm Bahnsteig Richtung Gelsenkirchen. Linke Hand Schalker, rechte Hand Herthaner. Aber nicht nur. Watte mal … Klucken die nicht mit dem Feind Nummer eins zusammen? Tatsächlich. Blau und weiß, friedlich vereint.

Der Regio Richtung Düsseldorf läuft ein. Der blauweiße-Freundeskreis macht es sich im Gruppensessel bequem. Der Alkohol hat bereits für gewisse Lockerheit gesorgt. Ein junges Mädel wackelt den Gang entlang. Die Herrenriege grunzt vor Freude und übt sich in Macho-Ritualen. „Wenn ich mit die Alte feetig bin, brauchse nen Rollator“, prollt einer aus der trauten Runde.

Dann Themenwechsel, geht um Fussball. Watt sons, ne?! Letzter Meistertitel? 1958 Schalke, bei Hertha liegts noch länger zurück. „Dat war noch watt, Reichsmeister“, schwelgt die Koalition der Gescheiterten.

Wieder neues Thema, BER, große Politik. Homophobe Seitenhiebe gegen Berlins Regierenden seitens der Gästefans. Gemeinsames Meckern über die Unfähigkeit der Flughafenbauer, -planer und was sonst noch beschimpfenswert ist. Mehr Zuneigung geht nicht.

Gelsenkirchen Hauptbahnhof. Alle raus aus der Bahn, umsteigen in die Tram. Auf dem Bahnsteig Anti-Union-Slogans von Herthanern, dann auch gegen Schalke. Alte Liebe rostet nicht.

Vor dem Stadion lange Schlange. Ich stehe vor dem Eingang Nordkurve. Tief im Feindesland. Es dauert. Fast so lange, wie bei Hertha. In dieser Hinsicht machen sie uns also nix vor. Karte hatte mir die Schalke-Freundin per Post zugeschickt. Für umme, quasi Gastgeschenk. Kostenpunkt wären fuffzehn Euro gewesen. Geschenkter Gaul. Kurz nach acht, endlich drin. Mein erster Body-Check von einer Frau, mechanisches Abtasten, aber nur an den Armen. Der Rest scheint unverdächtig. Ich habe einen Rucksack bei. Einmal öffnen, kurzer Blick, kein Knautschen und Wühlen, sehr artig. Alles klar, viel Spaß. Das ging flott, der Punkt an nullvier.

Drinnen bin ich verabredet. N4, Mittelgang. Finde ich nach einmal Fragen. Und rein. Platz ist nur noch ganz rechts außen. Gut so, sieht man wenigstens was. Drinnen ist dunkel, auf den Tribünen brennen Lichter. Sollen Grubenlampen sein, alle warten auf das Steigerlied. Ein hübscher Schlager, die erste Strophe singen alle mit, die restlichen drei, vier werden gesummt.

Einlauf der Mannschaften, es geht los. Ist nich so laut, wie befürchtet. Ich konzentriere mich aufs Spiel. Versuche es zumindest. Ramos erhascht eine missglückte Rückgabe, lupft übers Tor. Ich unterdrücke einen Fluch, meine Nebenleute atmen durch. Dann ein Lattenknaller von Schalke, kurz darauf das dumme Einsnull. Um mich herum Jubel. Außer einer. Ein Blondierter, der unmittelbar vor mir steht, wirkt etwas lethargisch. Etwa auch Anonymer Herthaner? Oder liegts an der E-Zigarette, an der er unterunterbrochen rumnuckelt? Wie dem auch sei, mir solls recht sein.

Halbzeit zwei, schon stehts zwonull. Wieder viel zu einfach. Wieder Jubel, Fanfare, Glück auf. Herzlichen Glückwunsch, mir doch egal. Siegen macht durstig. Bierholer drängeln sich mit Plastebechern in Pappträgervorrichtung durch. Gelingt erstaunlich plemperfrei. Wenige Meter vor mir, im Innenraum, winkt Maskottchen Erwin mit Fahne oder macht winke, winke. Ich frage meine Begleitung, was das Vieh für ein Tier darstellen soll. Sie überlegt kurz. „Na, ein Mensch, vermute ich mal.“ Da wäre ich mir nicht so sicher.

Luhukay bringt Ronny und Baumjohann. Baumjohann kennen sie hier auch noch, löst aber keine Reaktion aus. Unser Strippenzieher war hier nur Mitläufer. Neben mir erörtern zwei Pottler Beziehungsprobleme. Und das im Stadion. In der Fankurve. Gehts noch? Ja, es geht, zwischendurch sogar um Fußball. Hin und wieder wird nämlich der Schiri mit dem Wort „Wuuurst“ belegt, ich finde die Entscheidungen dagegen ganz okay. Sie unterbrechen ihr Psycho-Gequatsche kurz, weil Langkamp das Tor trifft. Ich will vor Freude losschreien, der Schiri pfeift mich zurück. Danke, du Wurst, hab ich nochmal Schwein gehabt.продвижение сайта по поисковым запросам