Akte X

Ich hatte sogar noch eine Idee für die Nachnutzung des Olympiastadions, aber die ist mir leider vor Schreck entfallen. Aber scheint ja ohnehin obsolet. Wir werden also auf unabsehbare Zeit Mieter beim Senat bleiben. Vielleicht hätte Hertha Samstag geschlossen zur Mietenwahnsinn-Demo latschen sollen. Preetz und Schiller an der Spitze. Und zum Abschluss die ganze Meute ins Stadion geführt, zu Schalmeienklängen, wie früher. Aber ach.
Nein, lustig ist es momentan nicht wirklich. Schon gar nicht für Pal Dardai. Unser Trainer mag nach vier Niederlagen in Folge nicht von einer Krise reden. Die Pressemeute schon, klar, das gehört zum Geschäft. Dardai sieht eine überzogene Erwartungshaltung rund um Hertha, den Hauptstadtklub. Wenn bei der Berichterstattung von Champions League oder Europa League die Rede sei, dann sei das „geplanter Mord“, so Dardai. Starker Tobak. Wobei der Trainer meiner Auffassung nach nicht ganz Unrecht hat. Mord ist zwar eine etwas drastische Formulierung, aber damit habe ich kein Problem. Hertha wird seit jeher nicht mit Samthandschuhen angefasst, da darf man schon mal deftig zurückkeulen.
Gehen wir mal in die Analyse: Was meint Dardai mit geplantem Mord? Er will damit sagen, dass von außen Erwartungen hochgejazzt werden, die der Verein kaum erfüllen kann. Im Klartext: Hertha wird in schwindelnde Höhen hochgeschrieben, wenn es gut läuft, nur um sie in einer schlechten Phase fallenzulassen. RUMMS! (Ja, so einfach geht das.) Nochmal zum Mitschreiben: Je höher die Alte gejubelt wird, desto tiefer der anschließende Fall. „Ab und zu habe ich das Gefühl, dass ihr von der Schadenfreude lebt“, sagte Pal auch noch, ebenfalls an die Adresse der Hoch- und Runterjubler. Hat er Recht? Ich würde sagen, ganz Unrecht hat er nicht.
Wobei vier Niederlagen am Stück schon ein Novum unter seiner Ägide sind. Und ganz kommentarlos kann man so eine Serie in den Redaktionsstuben auch nicht vorüberziehen lassen. Heißt schließlich nicht Kuschelzeile, sondern Schlagzeile. Von mir aus müsste man nicht draufschlagen, aber ich bin auch befangen. Aber auch für meine Mitbefangenen – Ungeduldige, Träumer, Fantasten – muss schließlich gesorgt werden. Die brauchen auch mal ne Aufregergeschichte zum Abregen. Damit sie sagen können: Na endlich sagt‘s mal einer! Das ganze Leben ist ein Spiel, hat der geniale Hape Kerkeling geträllert, und der Fußballsport ist ein extra Schauspiel im Spiel des Lebens. Ein Drama in X Akten.
Nicht völlig ausgeschlossen also, dass am kommenden Sonntag bei Achtzehnhundertschießmichtot die nächste Pleite folgt. Und dann kommt Hangover Sixtynine. Der Bummelletzte designierte Absteiger ganz arg sieglose Niedersachsenklub. Ich lehne mich vermutlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn spätestens gegen diese bemitleidenswerten Kellerkinder das große Entscheidungsspiel ansteht. Jede Wette, dass die Mordbuben in den Redaktionen schon jetzt über der dann fälligen Oster-Dardai-Schicksalszeile brüten. Kiekeriekiiiieeee!!