Es fahren bemerkenswert viele Frauen mit Hertha auf Auswärtsfahrt, ist mir aufgefallen. Etliche davon Alleinreisende, mindestens drei Damen in blau-weiß habe ich gezählt, als ich Sonntag früh in den ICE nach HH geklettert bin. Gibt auch männliche Alleinfahrer, aber die waren in der Minderheit, würde ich tippen. These: Typen reisen eher in Grüppchen, trinken und krakeelen mehr.
Ich war diesmal ebenfalls als Alleinfahrer unterwegs, in Zivil. Kiel wollte ich unbedingt mitnehmen, ein Fischbrötchen an der Förde, einen Blick auf den Oslo-Kai und Hertha siegen sehen, was sonst. Ein alter Kumpel, der mir das Ticket besorgt hatte, war bereits Freitag mit kleiner Delegation vorausgefahren. Habe etliche Fotos zugeschickt bekommen, quasi als Appetitmacher: Im ICE am Vierertisch, in Hamburg am Hauptbahnhof, inner Kieler Kneipe, Sightseeing in Laboe, immer schön mit Bierchen und Hertha-Fahne. Wir sehn uns bald, Kollegen!
Aber Pustekuchen! Gestrandet bin ich in Pinneberg. Fragt bloß nicht, warum.
Nix ging mehr, kein Zug, schon gar nicht nach Kiel. Bis Hamburg lief alles ok, ziemlich pünktlich sogar. Hatte meinen Tagestrip extra mit Zeitpolster gebucht, geplante Ankunftszeit in Kiel 10.58 Uhr oder so. In HH der kryptische Hinweis, ein Stellwerk sei defekt, Züge führen unregelmäßig. Irgendwann stellt sich eine Bahntante mit Megaphon hin und schickt die Leute nach Pinneberg, von da sollten noch Züge nach Norden fahren, angeblich.
Von wegen. In Pinneberg ein Haufen entnervter Reisender. Zug um Zug wird erst verspätet gemeldet und dann gestrichen. Eine Horde Jungherthaner nervt mit grölendem Singsang, drückt permanent den Notruf, erst als die Bullen kommen kehrt Ruhe ein. Not all Cops are Bastards, hehe.
Als mir dämmert, dass kein Weg mehr ins Holstein-Stadion führt, zuckel ich mit dem Schienenersatzverkehr zurück nach Hamburg. Unterwegs geht die Alte Zwonull in Führung, immerhin.
Zur zweiten Halbzeit erreiche ich Altona, begebe mich in eine Kneipe namens Aalhaus. Auf einem Mini-Bildschirm läuft Ajax gegen Feyenoord. Ob man hier auch 2. Liga gucken kann? Klar, hinten auf der Leinwand, ich mach gleich an, sagt der Wirt. Bestens, danke.
Es könnte doch noch ein halbwegs versöhnlicher Tag werden. Als der Beamer endlich glüht, hat Kiel gerade den Anschluss geköpft, kurz darauf Elfer für die Störche, Ausgleich durch Skrzybski. Ich könnte Kotzen!
Und muss an eine Eingebung auf dem Bahnsteig in Pinneberg denken. Der Bahnsteig, auf dem nix mehr ging, verband die Gleise 3 und 2. Sollte Kiel das Ding noch drehen!?!
Nee, Freunde, bitte nicht. Elfer, Schwalben-Gelb, doch Elfer, Elfer verschossen, noch ein Elfer, Rückkehrer Reese macht ihn obercool rein. Und überreicht als Sahnehäubchen Spenden aus dem Herthablock an die Fans aus Kiel.
Fazit: Hertha macht sich. Sorgen macht mir die Bahn, unser Ex-Sponsor ist noch tiefer gefallen als unsere alte Dame.