Am ersten Spieltag nach unserer letzten Bundesligarückkehr anno 2013 wurde mein Sohn (damals 6) eingeschult, ausgerechnet. Zum Glück ließ sich die befürchtete Interessenkollision vermeiden: Nach der obligaten Feier bin ich flugs ins Olympi geradelt und habe einen Kantersieg gegen Eintracht Frankfurt bestaunt – Ronnyyyy!!
Wie das Leben so pinkelt: Letzten Samstag, 20. Mai 2023, hatte Sohnemann (16) seinen ersten Einsatz als Bierzapfer im Oberring. Es sei recht anstrengend gewesen, war aber ok, hat er auf Nachfrage übermittelt. Wenn ich richtig gerechnet habe, waren wir mal wieder eine erquicklich lange Periode erstklassig. Erstklassig im Sinne von erster Liga, die Gesamtperformance wurde mit einsetzender Geldschwemme zusehends unerträglicher. Fazit: Der Sohn hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren in jeder Hinsicht prachtvoll entwickelt, Hertha hinkt im Vergleich ziemlich hinterher, es besteht akuter Förderbedarf.
Abstieg mal wieder. Ist nie schön, aber man kann sich die Sache natürlich schönreden, man entwickelt im Laufe der Jahre eine gewisse Übung darin. In der weltbesten zweiten Liga treffen wir immerhin auf klangvolle Namen. Sofern die Gnadenlizenz erteilt wird, wovon ich einfach mal frech ausgehe. Nach dem Spiel, beim runterstürzen der ersten Frustbiere, wurden jedenfalls schon eifrig mögliche Auswärtsziele ausgelotet: Kiel, Braunschweig, Hannover, Magdeburg, Rostock, Dresden, St. Pauli und (prophezeie ich mal) NUR der HSV. Das wäre ein Stück weit Regionalliga Nord-Nordost. Dazu Lautern, Karlsruhe, Düsseldorf, Nürnberg, Fürth und (ich drücke die Däumchen) Fanliebling Schalke. Paderborn kennt man ebenfalls aus der Beletage, Elversberg bringt als Saarland-Verein sogar eine Prise Europaflair mit, die Region war ja mal irgendwie, irgendwann Französisch, wenn mich meine Geschichtskenntnisse nicht täuschen. Alles in allem ein sehenswertes Programm. Ende Juli geht es los, Vorfreude sei ab sofort gestattet.
Die beiden Zweitligasaisons 10/11 und 12/13 waren im Grunde Kuraufenthalte: Siegesserien, Jubelräusche, Feierorgien. Tat fast gar nicht weh. Festspiele sind diesmal eher nicht zu erwarten, fürchte nicht nur ich. Oder sagen wir mal so: Ich wappne mich emotional für den Fall, dass uns eine längere Durststrecke bevorsteht. Neues Stadion können wir uns eh abschminken. Die Stadiongesellschaft resp. der Senat wird uns sicher großzügig Miete stunden und im Gegenzug eine gewisse Dankbarkeit erwarten. Aus diesem Grund werden einige Herr- und Frauschaften (schön korrekt bleiben) aus dem Berliner Politbetrieb über Herthas Abstieg, zwar klammheimlich, aber ziemlich sicher hocherfreut sein – oder hat einer der Senatorenden (glucks!) unserem trauernden Hauptstadtverein schon kondoliert? Mir ist nichts derartiges bekannt, habe allerdings auch nix erwartet. Big city, small mind.