Ich will nichts Schönreden, aber es hätte auch ganz anders laufen können, siehe Schwabmaten, Werderwürste oder Eintrachtprügel. Das Zittern immerhin wurde uns diesmal erspart, nach der omnipotenten Hinrunde zwangsläufig nur ein schwacher Trost. Neuestes und mithin letztes Saisonziel lautet: Gebt alles, nur bloss nicht auf Platz sieben einlaufen.
Ich würde mir das allerletzte Spiel zu gerne anschauen, weiß allerdings noch nicht, warum ich mir das antun sollte. Das letzte Heimspiel habe ich auch schon verpasst, gefühlt das erste Mal seit Jahrhunderten. Per Stream war ich schlussendlich doch dabei, war allerdings eine ziemlich verwackelte Angelegenheit. Von der Stimmung kam trotzdem einiges rüber, etwa das schöne Wetter, der sattgrüne Rasen, ein adäquater Zuschauerzuspruch, Bierseligkeit auf den Rängen, Frust nach Abpfiff. Gutes Gefühl, nicht wirklich etwas versäumt zu haben. Aber auch das nur ein schwacher Trost. Na ja, ich will nichts überdramatisieren, ein Sieg wäre schon angenehmer gewesen fürs Gemüt.
Das spannendste der letzten Tage war aus Herthanersicht ohnehin das Thema Stadionmiete. Ziemlich happig, die angepeilte Erhöhung, ich hoffe nur, die olle Hertha ist Mitglied im Mieterverein, ha ha. Allgemein vermutet wird, dass die Drohkulisse der Stadionbetreiber eine Retourkutsche für Herthas Vorpreschen in Sachen Stadionneubau war. Das vermute ich ebenfalls. Ebenso stimme ich mit der Annahme überein, dass damit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Das Oly und die Alte bilden ja so etwas wie eine Zweckgemeinschaft, die eine kann nicht ohne den anderen. Bei den Abstiegen was das zumindest kein Nachteil, in punkto eigenes Heim erscheint die Symbiose-Situation durchaus als hinderlich. Ich grübele schon seit Jahren, was man mit dem alten Gemäuer – mal abgesehen von Fußballspielen – noch so veranstalten könnte. American Football hat schon mal nicht funktioniert. Ob man es mal mit Baseball versucht? Oder Theater, Kino, virtuelle Welten? Vielleicht sollte Hertha nicht nur ne Stadionneubau-Machbarkeitsstudie sondern auch gleich einen Ideenwettbewerb fürs Oly in Auftrag geben. Fragt doch mal Monsieur Platini, vielleicht hat der flotte Franzose nen duften Vorschlag, der soll ja jetzt viel Zeit zum Nachdenken haben.
Angesichts der aufgeregten Debatte fragt man sich heute erst recht, warum die Stadtväter und –mütter damals auf Deibel komm raus die bescheuerte Tartanbahn behalten wollten. Außerdem frage ich mich, wie es sein kann, dass die Stadionbetreiber mal eben die Cateringrechte kassieren können, wo Hertha die doch gerade erst mit viel KKR-Kohle zurückgekauft hat. (Das wurde wahrscheinlich schon irgendwo erklärt, mag mir das noch einer nacherzählen? Nein?? Fuck off!)
Es ist schon ein Kreuz mit diesem Stadion, wobei eine neue Spielstätte auch nicht unbedingt von Vorteil sein muss, mal abgesehen von den Kosten. Zu Hertha nach Brandenburg, daran müsste man sich erstmal gewöhnen. Mit dem Fahrrad zum Spiel könnte ich mir jedenfalls abschminken. Es sei denn, ich ziehe hinterher. Aber was mache ich mir einen Kopp. Wenn überhaupt jemals ein neues Stadion gebaut wird, bin ich mindestens im gehobenen Rentenalter. Also nach alten Rentenaltermaßstäben gerechnet. Im wirklichen Leben erscheint mir selbst die Rente mit 70 utopisch, jedenfalls dann, wenn ich mir meine alljährlichen Behördenbescheide ins Bewusstsein hieve.
Und wer weiß, vielleicht existiert die blauweisse Hertha bis dahin gar nicht mehr. Weil in zehn oder weniger Jahren Coca Cottbus, Mischmasch München oder Holzweg Hamburg in der Weltbörsenliga dem Brausemilliardär und seinem Knecht Rangnick hinterherhecheln. Ist ja fast schon soweit. Ehrlich wahr. Habe heute aus Versehen schon an die nächste Saison gedacht, das wird kein Zuckerschlecken, in einer Liga mit Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim, Leipzig, Ingolstadt, Augsburg, Darmstadt. Statt Topzuschlag wäre eher Hoppnachlass angezeigt. Eins verspreche ich (gekreuzte Finger hinterm Rücken): Sollten demnächst die Ticketpreise exorbitant anziehen, suche ich mir einen anderen Grund zum Komatieren.
Hertha war offensichtlich in der Rückrunde psychisch blockiert. Das wäre ja nicht zum ersten Mal der Fall. Mit dem Gefühl, einmal zu den Gewinnern zu zählen, kann der Verein offensichtlich gar nicht umgehen. Zum Schluss fehlten nicht nur die Leichtigkeit aus der Hinrunde sondern eben auch die Eier, sich von Gurkengegnern wie Stuttgart, Gladbach oder Hoffenheim sich nicht den Schneid abkaufen zu lassen.
Da helfen dann auch keine völlig verkrampft von Manager Preetz inszenierten Propagandamethoden im Vorfeld des DFB-Halbfinals gegen Dortmund, die anscheinend darauf abzielten, dem Verein so etwas wie ein neues Image aufs Auge zu drücken. Hertha, der freundliche Familienverein. Werder Bremen lässt grüßen. Authentisch war das alles jedenfalls nicht. Überhaupt ist Preetz für mich noch immer die größte Schwachstelle im Verein. In der nächsten Saison wird sich jedenfalls zeigen, ob die von ihm verantwortete Transferpolitik wirklich nachhaltig ist. Bei dem einen oder anderen Spieler fiel in der Rückrunde auf, dass ihre Motivation und Leidenschaft bereits ihren Zenit überschritten haben. Man kann nur hoffen, dass in diesem Prozess Trainer Dardai nicht unter die Räder kommt.