Fieber ist wieder da. Woran ichs gemerkt habe? Janz einfach: Musste Sonntag unbedingt Fussi kieken. Live und draußen und in Farbe. Mangels Alternativen bin ick zu Union. Na jut, ich will mal nicht so tun. Ich gehe da durchaus ganz gerne mal hin. Selten zwar, aber immerhin. Muss ich mich dafür etwa rechtfertigen? Hört sich fast so an. Mach ick aber nicht. Ick sach einfach, wies war.
Zuallererst verdammt heiß! Hatte auf dem Weg ins neue Förster-Domizil noch eine Karte ergattern können, für 12 Euro. Anstehen war trotzdem nötig, das geht in Berlin anscheinend nicht anders.
Gegentribüne, Block Q. Überall heiter gelauntes Unioner Volk: Tätowierte, Zickenbärte, Bluesbüchsen, Schlapphüte, Gespritzte, Hanswürste, angehende Bierleichen. Und icke mittenmang. Zum Anpfiff flattern rot und weisse Plaste(!)fähnchen im Wind. Die Sonne ackert sich Richtung Westen, mein Schädel noch im Schatten, aber nicht mehr lange.
Anpfiff. Die Eiserne Masse (knapp 19.000 werden später offiziell verkündet) verhältnismässig verhalten. Bochum ist gut dabei, der VfL-Block gibt sich alle Mühe. Auch auf dem Platz. Bessere Chancen in HZ 1 für die Gäste, Union schleppt mühsam die Favoritenrolle mit sich rum. Nach der Pause Traumtor Bochum. Die Tribüne reagiert mit einem leichten Stöhnen (für mehr ist es einfach zu heiß). Die Mannschaft aus Köpenick wirkt nun etwas lebhafter, versucht sich an der Brechstange. Kurz vor ultimo landet ein Freistoß im Gästenetz. Großes Hallo. Ich ertappe mich dabei, wie ich die rechte Faust nach oben recke. Bochum schüttelt sich – und stürmt nach vorne. Flanke, Gewusel, Elfer. Bleiernes Entsetzen, Schieber-Rufe. Maltritz tritt an, die Menge ruft den Namen des Keepers. Haas wählt die falsche Ecke, blauweiss jubelt. Abpfiff, Wochenende zuende.
Auf dem Weg zur S-Bahn schnappe ich erste Spiel-Analyse-Fetzen auf. „Union is Arbeiterklasse, da muss mehr kommen.“ – „Da sieht man mal wieder, von Vorschusslorbeeren kann man sich nix koofen.“ – „Dit soll die stärkste Mannschaft aller Zeiten sein?!“ Ich fühle mich geneigt, Trost zu spenden: „Jungs, Kopp nich hängen lassen. In drei Wochen legt Hertha los, dann wird alles gut.“ Lass es dann aber doch lieber bleiben.
Nach entspannter Heimreise per S-Bahn und Bike gegen achtzehndreissig in heimischer Küche. Schön Kochen, nebenbei Bayern in Gladbach auf dem Schirm. Eine andere Welt. Lockerflockig werden staunende Fohlen vorgeführt, zwei bis drei Klassenunterschiede werden sichtbar. Und die Erkenntnis in mir reift zur Sicherheit: Für uns geht es diesmal wirklich nur um den Klassenerhalt. Oder? Später am Abend, Lagebesprechung bei Webmaster uffm Balkon. Fazit nach Bierchen und Schmökenkiekerei: Eigentlich allet knorke, aber man weiss ja nie.