Mein Favorit auf den ersten Trainerwechsel war Markus Gisdol. Die Punkte sind schon mal futsch, ansonsten sieht das in unserer kleinen Tipprunde momentan ganz nett für mich aus. Die Runde besteht fast ausschließlich aus Kölnern und Berlinern resp. Effzeh-Fans und Herthanern, hatte ich bereits an anderer Stelle verraten. Lediglich ein Tippkollege ist indifferent, würde ich mal behaupten, Herthafan ist er jedenfalls nicht, Köln schon mal gar nicht. Beim HSV-Spiel war er auch nicht, stattdessen hat er Rugby-WM inner Kneipe geguckt. Von mir aus, bitteschön.
Ich für meinen Teil gehe lieber ins Stadion, da verrate ich kein Geheimnis. Wenn Hertha spielt sowieso, geht gar nicht anders. Nur im äußersten Notfall wird der Termin gestrichen. Der letzte Samstag war mal wieder wie gemalt: Dritter Heimsieg in Folge, Eierleg-Wetter, dankbarer Gegner. Fällt mir jedesmal positiv auf, wie die Hamburger mit Niederlagen umgehen. Sehr souverän. Speist sich vielleicht aus dem Gefühl, so gut wie nicht absteigbar zu sein. Da erträgt man auch den gröbsten Unfug mit stoischer Gelassenheit. Gibt bestimmt auch Nordlichter, die weniger phlegmatisch sind, aber die gefühlte Mehrzahl kippt nicht so leicht aus den Pantinen. Respekt dafür.
So schlecht waren die Redslips auch gar nicht. Sage ich jetzt mal, das lässt unser Dreinull nämlich noch ein bisschen heller erstrahlen, alter Bilanzfälschertrick. Bis zum Zweinull habe ich ein Remis im Bereich des Möglichen gesehen, auch wenn ich nicht übertrieben nervös war. Hinterher fühlt sich das Spiel eh ganz anders an, während der neunzig Minuten schwappt das gefühlsmässig ziemlich hin und her. Hat ein bisschen was von Schrödingers Katze, für die Physik-Philosophen unter Euch.
Bleibt nur noch eine Frage offen: Ist die Länderspiel-Pause nun gut oder weniger gut für Herthachen?
Nach ner Pleite heißt es ja oft: Möönsch, jetzt könnwa nächste Woche gar keine Wiedergutmachung leisten. Und müssen obendrein vierzehn Tage ein mieses Gefühl mit uns rumschleppen. Bei einem Sieg wird dagegen beklagt, dass man seine gute Form nicht nutzen kann, um den nächsten Gegner an die Wand zu nageln. So besehen müssten wir, als auch unser nächster Gegner – Essenullvier nämlich – jeweils Trauer tragen. Aber Keule Dardai sagt nur Arbeit, Arbeit, Arbeit. Das hören wir gerne, sofern unsereiner die Spieler per Stasi-App vom Sofa aus beim Schwitzen beobachten darf. Zudem darf gehofft werden, dass der eine oder andere vom Krankenlager zurückkehrt. Und dass Mitch Weisers kleiner Zeh wieder gescheit zusammenwächst. Und Herr Stark (nicht der Schiri) seine Leistenproblemchen wieder in den Griff bekommt. Und was weiss ich noch alles.
Und was mache ich? Ich habe nichts Besseres zu tun, als bei Kicker.de zu kieken, wo wir zur gleichen Zeit im letzten Jahr standen. Bei acht oder neun Punkten, mehr waren es nicht. Noch ein Jahr weiter zurück waren es zwölfe. Die Vergleiche sind ja immer sehr beliebt, auch, was dann am Ende dabei heraussprang. Das versuche ich tunlichst zu vermeiden, ist nach gerade mal acht Spieltagen die reine Zeitverschwendung. Lieber erinnere ich mich an die letzten Saisonprognosen, die allesamt nicht besonders schmeichelhaft für uns ausgefallen sind. Ich habe das selbstredend nicht ganz so negativ gesehen, aber wenn einem von Mario Basler über Lothar Matthäus bis Elffreunde vergeblicher Abstiegskampf geweissagt wird, dann macht man sich so seine Gedanken, das lässt auch einen gläubigen Optimisten wie mich nicht unberührt. Im Nachhinein bin ich den Herren und Damen aber dankbar, schließlich waren deren vorlaute Expertisen die notwendige Voraussetzung für unser Überraschungsmoment. Aufrichtigen Dank dafür.