Seltsam, aber so steht es geschrieben

Mit der Wahrheit ist das so eine Sache. Oft werde ich gefragt: „Egmonte, alte Edelfeder, wie hältst du es eigentlich mit der Wahrheit? Ist das, was wir da allwöchentlich lesen müssen, tatsächlich wirklich so und nicht anders passiert?“ In diesen Momenten werde ich dann immer etwas verlegen. Einerseits, andererseits, sage ich dann meist. Manches stimmt, anderes ist hinzugedichtet, wieder anderes lasse ich einfach unter den Tisch fallen. Aber zurück zur Wahrheit: Wahr ist, dass Hertha mal wieder gewonnen hat, sogar auswärts, zwei zu null. Das steht so vermutlich auch im Darmstätder Echo, grafisch aufbereitet mit Tabelle usw. usf. Tausende von Zeugen würden das genau so bestätigen, tippe ich mal. Aber dann gibt es wiederum diejenigen, die einfach mal behaupten: „Uff keenen, in Pink und gewinnen, das geht ja nun mal gar nicht! Zigfach bewiesen“ Wäre das schon ein Fall für die Fake-News-Polizei oder lediglich liebenswerter Starrsinn? Oder beides? Und vor allem: Was hat das jetzt eigentlich mit der durchaus ernst gemeinten Erörterung der Wahrheits-Frage zu tun?
Gute Frage, anderes Beispiel. Ich wollte es eigentlich totschweigen, aber wo wir schon bei der Wahrheit sind… Es gab auf unserem traditionellen Last-Awaygame-Trip einen dilettantischen Putschversuch. Eine Gruppe Abenteurer wollte sich zu vorgerückter Stunde gegen meine Person verschwören. Natürlich wurde ein Strohmann vorgeschoben, wie bei solch räudigen Elementen nicht anders zu erwarten. Der Plan dahinter: Kollege Strohmann sollte bei nächster Gelegenheit ebenfalls abgesägt werden, damit die meuternde Kamarilla endgültig die Macht an sich reißen kann. Der Coup scheiterte allerdings kläglich, weil der Strohmann bereits demontiert war, noch bevor er den ihm zugedachten Platz einnehmen konnte. Richtig Bock hatte mein designierter Nachfolger eh nicht auf den Posten, was ich im übrigen gut nachvollziehen kann. Im Grunde war die Durchführung der Aktion, wie nicht anders zu erwarten, aufgrund übermäßigen Konsums der üblichen Rauschmittel von Anbeginn zum Scheitern verurteilt. Um der Wahrheit restlos genüge zu tun, sei auch dies nicht unerwähnt: Im Grunde genommen hat natürlich keiner Lust, den Präsipart freiwillig zu übernehmen. Ist schließlich Ehrenamt, da macht man sich quasi freiwillig zum Affen, zu allem Überfluss unbezahlt. Machen sich die meisten keine Vorstellung davon, was das kostet. Nicht zuletzt Nerven. Jetzt erst wieder live erlebt, die Hinfahrt Berlin-Frankfurt im Vollgas-Vollbrems-Modus. So schön das mit Chauffeur ist, mein Ding ist das nicht, auch wenn Niki Lauda am Steuer sitzt und beteuert, das sei ganz normales Fahrverhalten.
Aber das gehört natürlich dazu, sonst hat man ja hinterher nichts zu berichten. Das wurde übrigens auch beklagt, trotz Auswärtssieg übrigens, das insgesamt zu wenig Action war. Zugegeben, das actionreichste war noch unser Quartier, das mitten im Frankfurter Bahnhofsviertel lag, kein übertrieben anheimelnder Ort, wie sich mittlerweile herumgesprochen haben dürfte. Eigentlich sollte es ja Darmstadt sein, nur war dortselbst auf die schnelle für sieben Best Ager (wer denkt sich so ein Wort aus?) keine Unterkunft verfügbar. Dafür hatten wir einen Ex-Berliner vor Ort (Dank an Stephan von der Flugsicherung!), der uns die schönsten Ecken seiner Wahlheimat vorgeführt hat, als da wären Biergarten, Raucherkneipe, Musikkeller. Wobei das natürlich alles nix ist gegen das Böllenfalltor, dieses fast schon alte-förstereieske Hexenkesselchen. Der anschließende Bundesliga-Abschied der Lilienelf ging ans Herz, echt mal, vielleicht auch deshalb, weil hier endlich Herthas Auswärtsmisere gerissen ist. Sogar wir Herthaner haben dem Gegner applaudiert, hört und sieht man auch nicht alle Tage. Wobei die Darmstädter allgemein ganz verträglich sein sollen, im Gegensatz zu den Frankfurtern, die als schlimme Finger gebrandmarkt sind. Habe einen davon getroffen, beim frühmorgendlichen Stadterkunden. Der Frankfurter war tatsächlich blind und wollte geradewegs in eine Baustelle latschen. Habe ihn da weggezogen, woraufhin er sich bei mir untergehakt hat. Nach zwei Halbsätzen hat er gemerkt, woher ich komme und mir erstmal erklärt, was Frankfurt für Sehenswürdigkeiten bereit hält. „Dort hinten ist die Paulskirche, da der Römer und ganz dahinten das einzige Fachwerkhaus, das den Krieg überlebt hat“, sagte der Blinde. Auch echt wahr. Habe ihn noch zum Main begleitet, dort warteten drei Schiffe, mit denen ein ganzer Haufen Frank’n’furter gen Mainz schippern wollte. Aber jetze kommts, anschließend bin ich, ihr werdet es kaum glauben, mittenmang …
Ach was, ich verzettel mich schon wieder und fasele törichtes Zeug, mein altes Leiden. Außerdem muss auch mal Schluss sein, hab schließlich noch einen Bestseller zu schreiben. Vielleicht noch den Reise-Opa zurück grüßen: Danke Opa, das war sehr aufmerksam von Dir, vor zwei Wochen oder so! Dafür gibts glatt ne Verlinkung. Aber freu Dich nicht zu früh, Opa, meine vielen treuen Leser ignorieren solche Gefälligkeits-Links. Ganz sicher.