[image caption=“My Girl Lollypop“ image_link=“/wp-content/uploads/2013/08/lolita.gif“ float=“right“ style=“round“/]Kennt Ihr Tetsche, den Cartoonisten aus der Hitler-Tagebuch-Zeitschrift „Stern“? Echt nicht?! Der zeichnet mit Vorliebe an die Wand genagelte Spiegeleier, Pimpel und lustige Kalauer. Alles sehr bunt und rund. In Tetsches Witzbildchen kehrt seit Jahren ein Running Gag wieder, der – aufgepasst! – einem stets sehr bekannt vorkommt. Jetzt kommts: Das sind tatsächlich Zeichnungen, die so oder so ähnlich schon einmal publiziert wurden. Eine seiner Figuren (oft und gerne Gänse, Hasen, Füchse, Weihnachtsmänner, prallbusige Frauen) sagt zu einer anderen Figur (oder an den Leser gerichtet): „Ich weiß gar nicht, warum sie sich so aufregen – Ostern kehrt doch auch immer wieder.“ Ostern ist lediglich ein Platzhalter, wahlweise oder jahreszeitabhängig kann da auch Weihnachten, Herbst, Silvester oder sonstwas stehen. Und jedesmal frage ich mich, wie der Typ damit bei seinem Chefredakteur durchkommt?
Nee, stimmt nicht. Ich schmunzle, blätter weiter und suche vergeblich nach dem Hertha-Teil. Kommt nicht oft vor, den „Stern“ lese ich nur noch beim Zahnarzt. Oder wenn er mir in einer vergleichbaren Warte-Situation in die Hände fällt. Die BZ lese ich wesentlich häufiger, schon aus beruflichen Gründen, zum Glück muss ich kein Geld dafür ausgeben. Über die BZ muss ich auch hin und wieder schmunzeln, manchmal verschlägt es mir die Sprache, oft ärgere ich mich. Zum Beispiel über Rambo-Rüpel-Radfahrer-Artikel. Neunzig Prozent lese ich gar nicht, ich schaue mir die Bilder an, überfliege die Schlagzeilen, fertig. Natürlich interessiert mich, was über Hertha drinsteht. Meistens reicht auch hier ein kurzer Blick, dann ist man im Bilde. Spielberichte verkneife ich mir sowieso, die habe ich meist selber gesehen.
Heute stand auch was über Hertha drin, zur Abwechslung mal nicht im Sportteil. Hatte auch nur ganz am Rande mit Sport zu tun. Aber ich hatte das gleiche Gefühl, wie bei olle Stern-Tetsche, nur anders. Nämlich so: Immer wenn ich glaube, bei Hertha läuft es einigermaßen rund, kommt von irgendwo der Hammer geflogen. Diesmal in Form einer 16-Jährigen Hot-Pants-Trägerin aus vermögendem Hause.
Im Grunde genommen steht nicht viel mehr drin, als dass ein frühreifer Backfisch sich mit mehreren Hertha-Profis amüsiert haben soll. Von mir aus auch andersrum. Mehrere Spieler sollen sich bei und mit dem Mädel ausgetauscht und abgewechselt haben, das spricht immerhin für den guten Mannschaftsgeist. Rein rechtlich sei wohl nichts zu beanstanden. Aber moralisch sehr wohl. Und in Sachen Moral macht der BZ so schnell keiner was vor. Als Beleg führe ich den zweiten Satz im vierten Absatz an. Der besagt unmissverständlich: „Wir müssen und wollen das Mädchen schützen.“
Das ist auch gut so. Einer muss die Drecksarbeit schließlich machen. Ich will mich hier auch gar nicht über mobile casino die Kollegen mokieren. Früher konnte man sich unter Umständen auf Befehlsnotstand berufen. Heute erledigt man nur noch seinen Job. So eine Geschichte an Land zu ziehen, das nennt man wohl einen Scoop. Darf man gratulieren? In Zeiten fallender Auflagen und erbarmungsloser Rationalisierung ist solch ein Ereignis für leidgeplagte Redakteure und sonstige Mitesser jedenfalls ein freudiges. Von mir aus also: Herzlichen Glückwunsch. Mal abgesehen von den Hertha-Reportern, die von den Herren Profis von nun an sicher noch etwas spärlicher mit Informationen versorgt werden. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch. Ich meine, das sind ja alles junge, aufgeklärte Burschen, die sehen das womöglich ganz entspannt. Abgesehen von denen, die ab heute von einer besonders misstrauischen Ehefrau am heimischen Herd empfangen werden.
Als Herthaner verfolgt man Enthüllungen dieser Art naturgemäß weniger entspannt, die Causa Babbel ist noch zu frisch. Ob General Luhukay seine testosterongesteuerte Rasselbande dennoch wie beabsichtigt auf das kommende Spiel fokussieren kann, bedarf noch der schonungslosen Prüfung durch die Realität. Sonnabendabend wissen wir mehr.
Inwieweit die BZ langfristig von ihrem journalistischen Husarenstück profitieren kann, sei ebenfalls dahingestellt. Auf jeden Fall hat sie ihr eigenes Schicksal ganz eng mit dem von unserer Hertha verknüpft. Ein riskantes Spiel. Ich kann für Berlins grösste Zeitung jedenfalls nur hoffen, dass das Spiel gegen den HSV nicht in die Buchse geht.