Was wäre eigentlich so schlimm daran, nochmal abzusteigen? Die beiden letzten Male waren doch gar nicht so übel. Also hinterher, meine ich natürlich, als wir es endlich hinter uns hatten. Liga zwo war nicht das Schlechteste, zweimal Meister sind wir geworden, das passiert sonst höchstens alle 85 Jahre. Wenn das mal hinkommt.
Nee, damit macht man keine Witze, ich weiß. Tschuljung, is mir so rausgerutscht. Komm mir auch langsam blöde vor, hier immer den Scheißegaltyp raushängen zu lassen, aber immer noch besser, als das ganze Rumgeheule. Dass wir uns nicht falsch verstehen, ich will hier gar keine falschen Hoffnungen aufkeimen lassen. Klar ist: Wenn einer absteigt, dann sind wir das. Normalerweise Nürnberg, aber die hats letzte Saison schon erwischt, ansonsten kommt eigentlich keiner in Frage. Stuttgart wird ja wohl nicht Letzter bleiben, auch Hamburg wird sich vermutlich wieder drücken und sei es via Relegation. Bleiben eigentlich nur wir gebrannten Kinder übrig. Paderborn hat nachhaltig seine Bundesligatauglichkeit unter Beweis gestellt, Augsburg sowieso. Freiburg hat das Überlebensgen von Bochum geerbt. Vielleicht noch Frankfurt? Oder Kölle?? Obwohl, die Böcke eher nicht, nicht diese Saison, die sind noch randvoll mit Aufstiegsadrenalin. Die sind erst nächste Saison dran. Also Frankfurt und unsereiner.
Keine schönen Aussichten, gebe ich zu. Klar, die Anti-Preetz und Anti-Misserfolgs-Fraktion wird wenigstens ihr Bauernopfer feiern können. Denn eins ist ja wohl klar: Einen dritten Abstieg überlebt MP nicht, sein Schutzengel Antifarmer ebensowenig, Luhukay wird genausowenig weitermachen. Alle gehen, außer Schiller. Super-Ingo ist nämlich der große Gewinner der diesmaligen Krise. Heute Abend auf der MV wird er das erste Mal in seiner Amtszeit (ohne das jetzt genau nachzurecherchieren) ein dickes Plus auf der Einnahmeseite verkünden. Das ich das noch erleben darf.
13,4 Millionen Euro Gewinn sollen es sein, haben seriöse Quellen bereits vorab vermeldet. Und bis Ende Juni 2015 sollen sogar sämtliche zinstragenden Verbindlichkeiten abgebaut sein, schreibt ImmerHertha.
Und wem haben wir den Segen zu verdanken? KKR heißt der inoffizielle Wohltäter-Fanclub. Seit Ende Januar sitzen diese selbstlosen Plutokraten mit im blauweißen Boot. Komisch, aber seitdem steckt irgendwie der Wurm drin. Hertha und Eigenkapital, das scheint nicht wirklich zu harmonieren. Schiller hat erstmal Schulden abgebaut, was durchaus löblich ist. Aber keine Schulden schießen eben auch keine Tore, diese Weisheit wartet noch auf ihre Erkenntnis. Wenn ich mir überlege, was Onkel Dieter mit der ganzen Penunze angestellt hätte: Ein ausgedehnter Einkaufsbummel in Brasiland schon mal als Erstes, dann noch ein, zwei hiesige Topnachwuchskräfte für sattes Salär abgeworben, plus ein paar alte Haudegen mit reichlich Buli-Erfahrung und einen Überraschungs-Transfercoup on Top. Da wären nullkommanix die kühnsten Schalenträume herangereift, aber holla. Außerdem Schluss mit Würstchen und Kartoffelsalat auf den Mitgliederversammlungen, wir hätten getafelt wie Fußballgötter, Heuschrecke hat’s ja.
Hätte, hätte, Fahradkette. Stattdessen bleíben wir ein Traditionsverein ohne Seele. Ja, seelenlos. So hat uns Marko Rehmers Freundin tituliert, die kommt aus Köln, hat mir ein Kumpel vor dem letzten Heimspiel gesteckt. Ihre Meinung rührt daher, weil Rehmer angeblich nie Tickets oder Glückwunschkarten oder sonstige Gefühlsduseleien von Hertha erhält. Von seinen anderen Ex-Klubs aber schon. Das hat mir zu Denken gegeben. Ich frage mich, woher die anderen Ex-Klubs die Adressen von Rehmer herkriegen, wo der doch ständig umzieht. Gerade erst wieder nach Zehlendorf, wird gemunkelt. Da sitzt er dann in seinem Wohnzimmer und wartet auf Post von seinen ehemaligen Vereinen. Alle schenken Marko ihre Aufmerksamkeit, nur olle Hertha lässt Marko zappeln. Ich mach jetzt Feierabend, muss meine Tränen trocknen.