(K)ein Stadion wird kommen

Sechs von sechs Heimspielen gewonnen, dritter Platz, Hertha-Herz sollte zufrieden sein. Könnte man denken, sollte man meinen, wäre anzunehmen. Aber nein, so einfach ist die blauweiße Welt dann doch nicht gestrickt. Im kühlen Berliner Vorwinter wird derzeit nix heißer diskutiert als die Wolkenkuckucksheimfrage: Olympiastadion oder Umzug nach JWD?
Ich gehe davon aus, dass die hier mitlesenden oberen Zehntausend mit den Details längst vertraut sind. Für die Plebs fasse ich mal kurz zusammen: Hertha will raus ausm Olympi, aber nicht raus aus Berlin, aber weil Berlin keinen Standort spendieren mag, führt daran wohl kein Weg vorbei. Deshalb wird wild mit Brandenburg kokettiert. Und umgekehrt. Die Speckgürtelkommunen schmeißen sich der Alten förmlich an die Brust. „Komm zu uns, du unstetes Luder“, raunen sie Hertha zu. „Bring den Pöbel her, auf dass er sein sauer verdientes Geld bei uns sinnlos verprassen möge!“
Sirenengesänge nennt man das wohl. Gelockt wird mit günstigem Bauland, allem Pipapo und sämtlichem Schnickschnack. Ja, ein neues Stadion solls sein. Ist zwar noch ne Weile hin, aber eigentlich längst beschlossene Sache. Könnte man meinen.
Ich bin mal wieder hin- und hergerissen. Klar, ein reines Fussballstadion wär ne feine Sache. Immer von geträumt. Hauptsächlich dann, wenn mal wieder nix rund lief bei uns, wenn irgendwie alles den Bach runter zu rutschen schien, was durchaus des Öfteren mal vorkam, in den letzten Jahrzehnten.
Allerdings hat das Oly auch immer seinen Charme versprüht, selbst in finstersten Zweitligazeiten. (#80er) Durch den letzen Umbau ist es zwar nicht weniger zugig, aber immerhin so gut wie trocken. Für mich persönlich spricht natürlich auch die extrem günstige Lage. Wenn ich einigermaßen zügig gehe, habe ich zu Fuß inner knappen halben Stunde das Ende der Schlange vorm Mitgliedereingang erreicht. Bin mir nicht sicher, ob ich an einem ungemütlichen Sonntagnachmittag zwischen November und Ende März Bock hätte, an den Stadtrand oder darüber hinaus zu pilgern. Ehrlich wahr.
Wenn ich noch ehrlicher bin, lässt mich die ganze Diskussion einigermaßen kalt. Fickt euch doch alle ins Knie, ey. Sollte tatsächlich eines fernen Tages mal ein neues Stadion irgendwo aus dem märkischen Sandboden gestampft werden, werde ich auf mehr als fünfzig Jahre Herthaner-Dasein zurückblicken. Die Spiele, die ich bis dahin live erlebt und durchlitten haben werde, sollten für ein Erdenleben reichen. Und tschüssikowsky.
Trotzdem lohnt es sich, mal drüber zu sinnieren. Also, mal ganz keck angenommen der Umzug findet tatsächlich so anno 2025 herum statt. Bis dahin haben wir in Berlin wahrscheinlich runde 4 Millionen Einwohner, drumherum noch ein paar mehr. Ergo werden wir im Oly wahrscheinlich einen Schnitt von 60 bis 65.000 Zuschauern haben. (Immer vorausgesetzt, Donald Trump zettelt keinen Weltuntergang an). Ich vermute: Je näher der Abschied rückt, desto mehr werden die Berliner ihr olles Olympi ins Herz schließen. So sindse nämlich, die fiesen Möpse. Zum Schluss werden Ureinwohner und Neuankömmlinge in Scharen strömen, die Abschiedssaison wird nahezu ausverkauft sein, selbst dann, wenn Hertha gar nicht spielt. (#Schalke) Ja, genau so wirds sein, basta.
Aber gemach, bis dahin werden sicher noch etliche Ausweich-Trikofarben ausprobiert. Auch da bin da ganz entspannt. Was soll ich mich auch aufregen, das erledigt schließlich die Ostkurve für mich. (#TheArtOfUffregen)

PS Schiller vermeldet wieder Schulden. Schiphorst will keine wirtschaftlichen Abenteuer eingehen. Läuft bei uns.