Ganz ehrlich, ich dachte, Union verliert das Ding. Weil es eigentlich zur DNA (aktuell DER Fußball-Modebegriff) des Klubs gehört bzw. gehört hat. Irgendwie in allerletzter Minute, unglücklich abgefälscht, dämliches Eigentor, mutmaßlich unberechtigt. So ungefähr. Der gemeine Unioner hätte trotzdem geheult und gesoffen, aber weniger andächtig und ekstatisch. Wie gesagt, ich dachte, nee, niemals, nicht dieses Oooooohnjooohn. Das erste Mal stutzig wurde ich nach neun Minuten, als der Schiri das Stutengarter Freistoßtor nach Videostudium kassiert hat, das war einigermaßen untypisch für Unioner Verhältnisse. (Übrigens auch für Herthas, die Alte ist ja nicht minder bekannt für historisches Versagen. Nicht von ungefähr waren wir der letzte Bundesligist, der gegen einen Zweitligisten die Relegation abgeschenkt hat.) Gefühlt hat Union neunzig Minuten lang die Bälle nach vorne gedroschen, die zwischenzeitlichen Kombinationsversuche wurden meist schon nach wenigen Stationen abgebrochen. Dann gings wieder zurück, die unglücklichen Schwabmaten beackern. Geschenkt, vorbei, es ist vollbracht. Glückwunsch und aufrichtiges Schulterklopfen ans Försterhaus! Selbst, wenn Union sofort wieder absteigen sollte, die Rostigen wissen jetze, wie sich Bundesliga anfühlt. Mit anderen Worten: KöpeNicks halten den Schlüssel in ihren Schlosserpfoten, jetzt müssen sie nur noch das Loch finden und richtig rumdrehen.
Und was bedeutet die ganze Chose für Hertha? Ist ja schließlich kein Union-Blog hier, wäre ja noch schöner. Kurz gesagt: Wir sind (jetzt erst recht) Antipode der Köpenicker Sympathieträger, der piefige Hauptstadtklub ausm alten Westberlin. Schrankwand, Deckenfluter, Tischdeckchen. Nicht das schlechteste Image, weil: immerhin ein Image. Und endlich sichtbar, dank Union. Weil, wenn fortan von sexy Union die Rede ist, wird zwangsläufig auch immer unsere schnarchige Hertha erwähnt. Hahaha. Und wehe nicht, Du wankelmütige Weltöffentlichkeit!
Fast könnte man neidisch werden, überall werden die Rotzweißen jetzt herumgereicht und abgeknuddelt. Der kultige Oppositionellenverein, die Regimegegner-Avantgarde des Ostens, demnächst zu sehen in seiner Paraderolle als Selfmadekultkultklub im Kampf gegen die Eliteliga-Schnösels. Und während die kleine Unioner Schmuckschatulle demnächst aus allen Nähten platzt, müht sich die alte Dame vor halbleeren Rängen im muffigen Olympia-Denkmal ab. So siehts mal aus und icke bin dabei. Juchei.
Und niemals vergessen: Dank Union, dem 56. Bundesligamitglied im 56. Jahr der Bundesliga (stimmt doch, oder?!) wissen wir jetzt, dass nix mehr unmöglich ist. Nicht für Union und für uns schon mal gar nicht.
Klasse geschrieben und gut analysiert….Hertha wird auch Union überleben…
Hertha muss jetzt ganz schnell diesen Diversity und Start-up Image Schwachsinn beenden und lieber ein sportliches Konzept bieten um sich als Nunmer 1 in B zu präsentieren. Sonst wird das hier ein böses Ende nehmen bzgl. der neuen Rivalität in der Hauptstadt.