Ich sinniere seit gestern Abend darüber, wie um Himmels Willen Hertha in Köln gewinnen konnte. Glücklich wars, keine Frage, aber das Glück neigt sich nicht jedem im gleichen Maße zu. Die Bayern habens scheinbar maßkrugvoll, dermaßen üppig sogar, dass es Verächter landauf landab Dusel heißen. Während ich also vor mich hin sinniere, überfliege ich nebenbei ein Artikelchen aus dem Kölschen Medienhause Dumont. Überschrift:
„Woelki bringt kein Glück: Ujah öffnet Berlin die Mauer“<a
Die Reporter berichten in dem Beitrag, wie Geißbock-Präsi Werner Spinner vor dem Spiel Hochwürden Kardinal Woelki auf den „heiligen Rasen“ des ehedem Müngersdorfer genannten Stadions führte, um den Oberhirten und die „FC-Truppe“ miteinander bekannt zu machen und den Geistlichen hernach vor der Kölner Südtribüne – dem Pendant zur Berliner Ostkurve – zu interviewen. Genau von dort wurden jene Woelki-Worte überliefert, die ein Mann des Glaubens tunlichst vermeiden sollte: Er tippte auf ein 2:0 des FC. Dabei weiß doch jeder angehende Alchimist, dass derartige Voraussagen sofort die Geister der Unterwelt auf den Plan rufen, die dann nichts eiligeres zu tun haben, als solch menschliche Weissagung zum Scheitern zu verurteilen.
Wer jetzt ob meiner These ungläubig die Hände vor den Kopf schlägt und mich einen törichten Narren schimpft, der rufe sich einfach das gestrige Ergebnis ins Gedächtnis: Einszwo aus Kölner Sicht. Na bitte.
Nach diesem kleinen Exkurs in die Einweihungswissenschaften wenden wir uns nun wieder der tristen Realität zu. Zu konstatieren bleibt nämlich auch: Eine Niederlage bei den Jecken wäre ohne Woelkis Fauxpas durchaus möglich gewesen. Und die hätte den Baum hier endgültig zum Glühen gebracht. Keine schöne Aussicht, Weihnachten hin oder her. Ich hätte zwar dennoch feste dran geglaubt, dass wir das zum Ende der Saison irgendwie hinbiegen, wenigstens Platz 15 zu ergattern – sofern die Paniker nicht die Stammtisch-Hoheit erklommen hätten – aber bei Hertha weiß man ja nie, wie wir alle wissen. Die Herthasche Unwägbarkeit ist im Übrigen das Einzige, was mir ein Fünkchen Hoffnung für kommenden Samstag verleiht. Von Platz 13 mal ganz abgesehen.
Zwischendurch sei auch mal ein ernsthafter Hinweis gestattet. Herthas Verletztenliste ist mittlerweile beträchtlich angewachsen, wie der Presse zu entnehmen war. In der aktuellen Ausgabe des Arminia-Bielefeld-Fanzines „11 Freunde“ ist sicher nicht zufällig der Beitrag eines „holländischen Fitnessgurus“ abgedruckt, der die meisten Verletzungen im Fußball für vermeidbar hält. Ich will das hier jetzt nicht im Detail erklären müssen, aber was der Herr Raymond Verheijen zu sagen hat, klingt zumindest einleuchtend. Kann natürlich sein, dass Herr Verheijen einer dieser Selbstvermarkter ist, die mehr heiße Luft als alles andere produzieren. Aber es könnte zumindest nicht schaden, wenn man die Lehre des Gurus mal näher betrachtet. Denn so sehr ich Jos Luhukay auch schätze, seine Erklärung für die Seuche, dass es nämlich keine Erklärung gibt, halte ich für etwas zu kurz gedacht.
Nochwas habe ich gelesen. Lesen ist einfach eine Leidenschaft, zumal, wenn es mich interessiert. Das, worum es jetzt geht, habe ich bei Bild.de gelesen, die produzieren ja allerhand, wenn der Tag lang ist. Die Geschichte drehte sich um die Fan-Touristen der Bundesliga-Klubs. Besonders beeindruckend (vermutlich war das der Grund, warum die Geschichte überhaupt gemacht wurde) war die Tatsache (?), dass zu jedem Heimspiel von Borussia Dortmund rund 1000 Fans aus dem Vereinigten Königreich einfliegen. Der Billigflieger Ryan-Air hat seine Abflugzeiten angeblich sogar extra den hiesigen Anstoßzeiten angepasst, damit die Tommys wegen Footie made in Germany nicht zu oft blau machen müssen. Der Artikel sollte aber nicht nur mit den internationalen Anhängern des BVB glänzen, sondern mit denen sämtlicher Bundesligaklubs. Das erfordert eine gewisse Fleißarbeit, ist leider nicht komplett geglückt. Vermutlich war nicht genug Zeit resp. Geduld vorhanden. Denn während ich scrollte und scrollte, wollten einfach keine abgesicherten Fakten zum weltweit beachteten Hauptstadtverein erscheinen. Lediglich im allerletzten Absatz wurde lapidar mitgeteilt:
„In Wolfsburg, Bremen, Hannover, Hoffenheim und bei Hertha sind keine speziellen ausländischen Fangruppen bekannt.“
Das ist hübsch formuliert, lässt aber einige Fragen offen. Mir fallen spontan diese ein: Hatte Herthas Presseabteilung schlicht keinen Bock, wollte man sich keine Blöße geben oder zählen Sachsen nicht?