Feuer lässt nach

Ganz stark, Hertha! Nee, Sarkasmus ist nicht angebracht. Soll ja so schlecht nicht gewesen sein, so sah es zumindest in der Sportschau aus. Im Radio klang es verhaltener, lag wohl daran, dass lange keine Tore fallen wollten. Am Ende fiel dann doch eins, ein schmerzhaftes Eigentor, geschenkt.
Ich könnte jetzt noch ein bisschen weiter faseln, so wie gehabt, von wegen: Lange nix mehr hier veröffentlicht; das letzte Mal Anfang Dezember, seitdem ist einiges passiert. Keine Niederlage schon mal,jahaa, wer hätte das gedacht, das lag doch nicht etwa an meinem Schweigen?! Höhepunkt war sicherlich der grandiose Unterzahl-Auswärtssieg in Leipzsch, was habe ich gefeiert und gefeixt, bliblablubb. Habe ich aber nicht, gefreut, das natürlich, aber nix gefeiert. Habe versucht, es wie ein Bayern-Fan zu nehmen, ein Sieg eben, oder vielmehr ein Siegchen. Einer mehr. Gegen Ihrwisstschonwen.
Ich stand ein paarmal kurz davor, meinen Senf abzusondern, aber das letzte Quäntchen Motivation hat gefehlt. Ich mach das hier jetzt seit 2004, in Worten Zweitausendvier, das sind dreizehn Jahre, eine laaaaange Zeit. Nur Christian Müller und Gerhard Tremmel haben seit damals ähnlich lange aktiv durchgehalten. Es wird Zeit, dass ich meine Tastatur an den Nagel hänge.
Und nicht nur das: Ich überlege sogar, mein Dauerkarten-Abo zu kündigen. Hätte ich bis vor Kurzem noch nicht mal im Traum für möglich gehalten. Warum? Keine Ahnung. Am ehesten sowas wie Überdruss. Nicht an Hertha an sich, eher am Fußballevent insgesamt. Das ganze Drumherum hat sich geändert. Der ausgelassene Suffcharakter ist etwas verloren gegangen, was ja gesamtgesellschaftlich betrachtet durchaus positiv ist. Aber Fußball ohne Drogen, also in erster Linie Alkohol, das habe ich nur in frühester Jugend so gehandhabt. Als ich noch lieber selbst gekickt habe. Ich war nur mit vierzehn noch nüchtern im Stadion, okay, mit fünfzehn teilweise auch noch, kann zumindest sein. Spätestens ab sechzehn war regelmässig Bier am Start, wenn ich ins Olympi bin. Oder Poststadion. Oder sonstewo. Wobei ich nicht immer im Stadion war, Hertha war mitunter einfach zu scheißegal, ich war jung und hatte glücklicherweise auch andere Interessen.
Aber wenn Fußballgucken angesagt war, dann seit dem mittleren Adoleszensalter eigentlich nie ohne Alkohol, zumindest vorher, aber meistens auch nachher, im Stadion gabs ja teilweise nur ein recht limitiertes Angebot.
Irgendwann habe ich angefangen, eine Drogenpause einzulegen, muss kurz nach der Jahrtausendwende gewesen sein, noch bevor ich anfing, mich im legendenumrankten Internet über die alte Hertha (nicht nur die) auszulassen. Und zwar ungefähr sechs Wochen pro Jahr, immer von Aschermittwoch bis Ostern. Ziemlich happig für einen Gewohnheitstrinker, kann ich euch flüstern. Zum Fußball bin ich trotzdem, war auch einigermaßen okay, für mich jedenfalls, für die Kollegen dagegen schon etwas gewöhnungsbedürftiger, so kams mir vor. War trotzdem erleichtert, wenn die Trockenzeit endlich vorbei war. Prösterchen!
Ich habe mich trotzdem irgendwann für kontrolliertes Trinken entschieden, bilde ich mir jedenfalls ein. Vielleicht folgt als nächstes kontrolliertes Fußballgucken. Wobei Fußball gleich Hertha ist, den anderen Nonsens, ChampionsGedöns, den schenke ich mir sowieso schon seit einiger Zeit. Immer nur Bayern Real Barca ManCity, nee, bedankt. Da ist ja in der NFL noch mehr Abwechslung. Und die ist zum Glück weit weg.
Ja, Fußball ist auch ne Sucht, machen wir uns nix vor. Für abhängige Herthaner gibt es zudem genügend Stoff, in immer neuen Varianten: Abgesehn vom alten Edel-Dealer „Kicker-Sportmagazin“ und den ganzen Zeitungsgedöns gibts unzählige Blogs, Podcasts, demnächst wahrscheinlich auch Wurfpostsendungen (Oldschool) sowie Videoshows auf Bluetube. Oder wie das heißt, kicher, kicher.
Diese Saison ziehe ich noch durch, die WM auch noch, aber die Blogeinträge lasse ich schonmal dezent schleifen, ich will mich schließlich nicht über Gebühr an euch bedauernswerten Hertha-Junkies versündigen.
Aber jetzt bitte nicht mies draufkommen, mit kaltem Turkey und son Kram, denn wahrscheinlich hat es sogar sein Gutes. Warum? Weil ich das Gefühl habe, das Herthas beste Zeit gerade erst beginnt. Ja, es kribbelt ganz gehörig in meiner Magengegend, ganz so, als wenn vor mir ein volles Tablett Kölsch stehen würde (hahaha, ich lach mich tot).
Ich werde Herthas heraufziehenden Erfolgsweg selbstredend mitverfolgen, wenn auch nur ganz am Rande. Mit nur einem Auge und einem Ohr, aber mit ganzem Herzen. Könnt Euch schon mal tierisch drauf freuen, Ihr komischen Vögel.