Ick sitze hier und warte. Warte auf einen Anruf von Herrn N.P. Habe vor, mich mit ihm zu unterhalten über Dies und Das und natürlich über Fußball. Am Himmel überm Hinterhof wabern Wolken bedrohlich dunkel. Könnte noch mal regnen heute. Ich mag es, wenn das Sonnenlicht öfter mal gebrochen wird.
Der Anruf soll so zwischen 12.30 und 13 Uhr kommen. Jetze isses 12.45 Uhr. Also mittendrin. Die Ische, die mir das Gespräch vermittelt hat, übermittelte mir dankenswerterweise auch die Nummer von Herrn P., einem ehemaligen Herthaner. Davor Tasmania und Blau-Weiss. Käme nämlich mitunter vor, dass P. so einen Telefon-Termin einfach mal vergisst. Ne halbe Stunde gebe ich ihm noch, vielleicht auch ne Dreiviertelstunde. Dann werde ich es selbst mal versuchen.
Bis dahin stöber ich im Internet. Gucke nach allem möglichen, gerne auch unter dem Hashtag Hertha. Letzte Lesefrucht: Ein Blogbeitrag von Michael Jahn, Ex-Hertha-Reporter der Berliner Zeitung. Der gute Mann hat mir die Arbeit abgenommen, mal zu schauen, was die Expertenschar denn so von olle Hertha erwartet in der kommenden Saison. Sein Resümee: Nich viel.
Den Eindruck hatte ich auch schon gewonnen. Jüngster Beleg für die These ist ein Tweet von einem sich „Sascha“ nennenden User. Der schreibt:
@HerthaBSC Die Saison hat noch gar nicht begonnen und da habe ich schon ein scheiss gefühl im Magen, was die Saison angeht
Sein „scheiss gefühl“ artikuliert Sascha seltsamerweise als Anwort auf einen Tweet vom offiziellen HerthaAccount. Dortselbst wurde ein Foto von Ete Beer und Dardai vom heutigen Training (Mittwoch, 29. August) publiziert. Der dazugehörige Text lautet:
Ein besonderer Trainingsgast heute: Ete Beer schaute am Vormittag vorbei und unterhielt sich mit Pál Dárdai #hahohe
Gut möglich, dass „Sascha“ nur etwas Verkehrtes gegessen hat und deshalb so ein scheiss Gefühl im Magen hat. Immer schön auf die Ernährung achten, Sascha-Boy, das gilt nicht nur für Ronny.
Die dunkle Wolke hat sich verzogen, momentan weiden weiße Schäfchen auf blauem Juli-Himmel. Trotzdem weht ein frischer Wind vom Meer, hat jedenfalls der Wetterbericht gemutmaßt. Mein Smartphone zeigt kuschelige 19 Grad an, das soll mir reichen, ich habe nicht vor, heute noch ins Wasser zu hopsen.
Immer noch kein Pieps von N.P. Könnte sich etwas verzögern, hat mir seine Pressetante anvertraut, kann ja nach dem Training immer mal was dazwischenkommen. Is scho recht, gnä Frau.
Was schreibt der Kicker? „Madlung: jetzt lockt auch New England“
Mhm. Als ich das erste Mal von der Madlung-Möglichkeit hörte, habe ich einen kleinen Schrecken gekriegt. Mit Madlung habe ich wenig Gutes verbunden, auch wenn er uns 2004 per Kopf in München die Klasse erhalten hat. Mittlerweile habe ich mich mit dem Gedanken angefreundet, er kennt schließlich Stadt und Verein, das ist ein Vorteil. Außerdem, wenn Dardai und Preetz das Ding absegnen, wird das schon okay sein. Und jetzt funkt New England dazwischen, ausgerechnet!
Zwischendurch erreicht mich die Info-E-Mail eines Medien-Portals. Also eine Seite, die Nachrichten über Nachrichtenverkäufer verbreitet. Die Meldung in Kürze: Abo-Sender Sky hat erstmals über vier Millionen Abonennten.
„Der Umsatz kletterte auf 1,8 Mrd. Euro, der operative Gewinn (EBITDA) auf 86 Mio. Euro. Mehr …“
Ich bin kein Sky-Abonennt und will vorerst auch keiner werden. Ist mir zu teuer bzw. kann ich mir nicht leisten. Wenn ich Hertha gucken will, gehe ins Stadion oder in die Kneipe oder höre Radio oder glotze Internet. Für vorletzteres zahle ich regelmässig Rundfunkgebühren. Ich frage mich gerade, ob ich das machen würde, wenn ich die Wahl hätte. Ich drücke mich um eine Antwort.
So, Herr N.P., so langsam wird es Zeit. Habe auch noch andere Dinge zu tun. Und für diese Bloggerei kann ich mir auch nichts kaufen. Noch nicht. Ha Ha Ha. Ho Ho Ho. He He He.
Während ich hier also artig warte, müssen Peter N. und Sandro W. trotz Musterprofizeugnis am Katzentisch trainieren. Die übliche Formuliereung lautet: Sie spielen in den Planungen des Trainers keine Rolle mehr. Vorbildliches Verhalten wird ihnen sogar von Vereinsseite bescheinigt. In den Foren wird eifrig diskutiert, wie man sich die beiden Problemchen vom Halse schaffen kann. Super-Sandro wird erwartungsgemäß etwas weniger Verständnis entgegengebracht als unserm Ex-Käptn.
Ich könnte mir vorstellen, dass es fürs Binnenklima nicht gerade vorteilhaft ist, wenn zwei durchaus (behaupte ich mal) anerkannte Ex-Kollegen in spe humorlos aufs Abstellgleis geschoben werden. Natürlich weiß jeder Profi – oder sollte es zumindest wissen – dass der Kapitalismus um den Fußball keinen Bogen macht. Trotzdem: Wenn man finanziell eh schon dem Großteil der Konkurrenz hinterherhechelt, sollte man wenigstens versuchen, mit weichen Faktoren zu punkten. Dazu gehört, dass man ein wenig mehr Großherzigkeit walten lässt. Kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass es den Trainingsablauf so extrem stört, wenn die beiden weiter normal mittrainieren.
Ich hoffe mal schwer, dass diese störenden Nebengeräusche schlicht medial überbewertet sind. Weil es über Transfers – abgesehen von Wasserstandsmeldungen – nix berichtenswertes gibt. Und solange Liga und Pokal noch nicht laufen, braucht man eben anderes Futter.
PS Habe N.P. übrigens erreicht, er war gerade beim Tanken. Im Hintergrund eine Sirene und andere Straßengeräusche. Haben wie erwartet über Dies und Das und natürlich auch über Fußball gesprochen. Er hält Hertha für einen tollen Verein und traut uns sogar das Pokalfinale zu. Wenigstens einer.