[image caption=“Hertha-Handtücher auf Bornholmer Wäscheleine“ image_link=“/wp-content/uploads/2014/09/handtuecher.gif“ float=“right“ style=“round“/]Hätte ich die Möglichkeit gehabt, meine Kicktipps nochmal neu zu überdenken und ggf. zu ändern, hätte ich garantiert auf ein Dreieins für Mainz getippt. Habe ich aber nicht, war nämlich im Urlaub und bin quasi erst zum Anpfiff wieder in Berlin gelandet. Smartphone war zwar mit verreist, aber mein supergeheimes Passwort nicht. Große Sorgen hat mir das nicht bereitet, denn ich vertippe mich auch gerne mal, wenn ich mich im Nachhinein selbst korrigiere. Die todsicheren Tipps zum zweiten Spieltag hatte ich bereits vor zwei Wochen abgespeichert.
Zwischen Herth und Main stand bei mir 3:2. Das hätte sogar fast geklappt, bei uns haben nur zwei Tore gefehlt, dafür hat Mainz eins zu viel geschossen. Je länger der Zeitraum zwischen Tippen und Spieltag, desto optimistischer bin ich. Zwei Wochen gleich zwei Tore, lässt sich alles mathematisch erklären. Die Welt des Fußballs und die Mathematik sind einfach wunderbar. Vorm Anstoß war ich trotzdem noch richtig guter Dinge. Ich habe mir einfach ganz naiv gedacht: Who the fuck is Mainz? In zwei Wettbewerben raus, in der Liga ohne Sieg. Wat zum Kuckuck wolln die überhaupt von uns?!
Ein angeschlagener Boxer. An den habe ich nicht gedacht. Und an Allagui auch nicht. Und der Okasaki spielt doch immer nur gegen andere gut, dachte ich mir. Und dass die Nullfünfer gut kontern können, hat mir die B.Z. auch nicht verraten, wo die sonst immer alles haargenau wissen. Zu gute Voraussetzungen für Berliner Siegesgewissheit. Das hätte mich stutzig machen müssen.
Herrje, Mainz, so dolle sind die nun auch wieder nicht. Unser härtester Gegner ist und bleibt die eigene Erwartungshaltung. Nach den namhaften Verstärkungen dieses sagenhaften Transfer- und Weltmeister-Sommers sowieso. Da können Preetz und Luhukay noch so viel von Konsolidierung labern. Das geht links rein und rechts raus. Klaro, olle Kalou ist natürlich ein Pfund, das schlafende Hunde weckt. Endlich wieder ein Weltstar, nach Jahren aufgezwungener Demut. Und dann lässt ihn Luhukay auf der Bank schmoren. Kann natürlich keiner der eintrittzahlenden, torgeilen Klappsitzpupser nachvollziehen. Isn Topverdiener, Tschämpjensliek, den mussa do bring (lautmalerisch ist Berlinerisch noch schrecklicher als gesprochen, ehrlich wahr).
Dass Herr Salomon sein sagenhaftes Vermögen erst ab irgendwann zweite Halbzeit zeigen durfte, war natürlich ein gefundenes Fressen für die Oberschlaumeier bei der grössten Zeitung mit dem schrumpfenden Leseraufkommen. Der Kommentator dankte es mit ungeschliffenen Anschlägen auf unseren Göttertrainer. Unter anderem schlaumeierte er folgendes: „Der Wechsel-Effekt ist verpufft. Das hat sich Luhukay selbst zuzuschreiben.“ Das böse F-Wort schiebt der stellvertretende Naseweis gleich hinterher: F wie Fehlstart. Famoser Schlussakkord seiner Besserwisserei: „Übrigens: Jürgen Klopp ließ seinen Neuzugang Kagawa sofort spielen. Der Japaner bereitete das 1:0 vor und machte das 2:0 selbst.“ Eine Beweiskette, so lückenlos wie das Gebiss meiner Großmutter. Möge sie in Frieden ruhen.
Als Kommentar zum Kommentar frage ich mal dumm zurück: Hätte Allagui statt Kagawa nicht näher gelegen, der hat schließlich auch von Anfang an gespielt? Oder zählt der etwa nicht als Neuzugang, weil er nur ausgeliehen ist? Ich antworte der Einfachheit mal selbst auf meinen Einwand und versetze mich zu diesem Zweck geistig ins ausgebuffte Kommentatorenhirn: „Bei Kommentaren von der Stange zählt nicht Stichhaltigkeit sondern Effekt. Möglichst billig, mehr gibt unser Etat nicht her.“ Ich versetze mich zurück und mutmaße selber: Kagawa wurde vermutlich deshalb als Zeuge der Anklage auserkoren, weil er das billige Argument gut kaschiert, der Japaner soll ja recht teuer gewesen sein. Dass er als einstiger Ex- und jetzt schon wieder Dortmunder bei Lichte betrachtet kein echter Neuzugang ist, darauf ist geschissen.
Ich will nichts schönreden, jedenfalls nicht ausschließlich. Das Spiel war keine Offenbarung, sehe ich auch so. Die vielen neuen/verletzten Spieler taugen leider auch nur bedingt als Ausrede. Mainz hat schließlich ebenfalls etliche Neue zu integrieren, von Allagui mal abgesehen. Ausgesprochen blöd ist nur, dass wir gegen Mainz eigentlich nicht verlieren durften, dass hat bestimmt auch in den Köpfen der Spieler gespukt. Achtung: Am Freitag in Freiburg ist die Ausgangslage ähnlich, für beide Mannschaften heißt es: verlieren verboten! Als Auswärtsteam sollte uns das besser liegen, könnte man meinen. Gestern habe ich vorsorglich schon mal meine KickTipps gesetzt, bei Hertha steht, täterätääää – ein Unentschieden. Noch. Heute tendiere ich eher zu einer knappen Niederlage. Dann wäre der Fehlstart abgehakt und wir hätten endlich wieder eine echte Krise.