Auswärtssiech

Als Dembelé kurz vor Ultimo die Sense gegen Weiser rausgeholt hat, haben wir im Oberring Block 3.1. spontan die rote Karte für den übermotivierten Dortmunder Jungstar gefordert. In der Sportschau sah es schon wieder ganz anders aus. Am Sonntag hatte sich mein subjektiver Eindruck nach dem Studium diverser Bilder erneut um 180 Grad gedreht. Fast vierundzwanzig Stunden waren nötig, bis sich ein einigermaßen objektives Bild im Kopf zurechgeruckelt hat. Ich mache den Beobachtern und Bewertern der Fachjournaille keinen Vorwurf, die müssen ihre Berichte kurz nach dem Abpfiff in die Tasten hauen oder in die Mikros sprechen, je nach Arbeitgeber. Mittlerweile werden die voreiligen Kommentaristi schief angeschaut, es läuft die Phase der medialen Nabelschau, das gehört zum Selbstverständnis eines kritischen Pressewesens im Zeitalter des Hier und Jetzt aber Pronto dazu. Meine Aufgabe als verantwortungsvoller Blogger wäre hiermit erfüllt, Thema abgehakt.
Was fehlt noch? Ach ja: Plattenhardt musste sich gegen eine fiese Politranschmeisse verteidigen, davon hat er sich artig distanziert. Seltsamerweise war auch wieder das Stadionthema Thema. Besonders scharfen Beobachtern war aufgefallen, dass die olympische Schüssel richtig voll war. Und weil das so war fiel wiederum auf, dass das sonst eher nicht so oft der Fall ist. Dabei ist bei Hertha doch momentan alles chic, hip, cool und easy, wie ausgerechnet der sonst eher mäkelige Tagesspiegel feststellte. Rerum cognoscere causas, sachick nur. Sonntagabend ist Micha Preetz mal wieder im RBB-Sportplatz zu Gast und wird dort vermutlich auch nicht verraten können oder wollen, wo, wie, wann oder ob Hertha überhaupt jemals ein eigenes Stadion hinbekommt. Dabei brauchen wir doch gar kein neues Stadion, sagt wiederum Dardai, jedenfalls nicht, wenn es immer so voll wäre wie am Samstag gegen Championsleagist BeVauBe. Der Dardai findet ja zum Glück immer die passenden Worte. Vor nicht allzu langer Zeit meinte er noch, wenn die Fans so schnell unzufrieden sind und immer gleich pfeifen, bräuchten wir besser gar kein neues Stadion. Das waren seine Worte nach der Pleite gegen Bremen, der bislang einzigen Heimniederlage in dieser bislang so famosen Heimsaison. Erster (1.!!) in der Heimtabelle, immerhin einen Punkt vor der vermutlich weltbesten Mannschaft des Universums. Ich bezweifle zwar, dass wir auch im Mai noch dort stehen werden, allerdings: warum eigentlich nicht?!
Auswärtstabellarisch stehen wir dafür nur einen Punkt vor dem mal wieder nicht totzukriegenden HSV, dieses selbsternannten Dinos von Kühnes Gnaden, der wo mit tickender Uhr im Stadion. Das (Auswärtsdilemma, d. Red.) ist schon extrem ungewöhnlich und wurde hier letztens durchaus kontrovers diskutiert. Ob es an den Trikots liegt, den pinken bzw. weißen, lautete eine Theorie, was weder nahe liegt noch zu beweisen ist, aber herrlich abseitig und auch nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Wobei Dardais Erklärungsversuch der gefühlten Wahrheit vermutlich näher kommt. Unser ungarischer Trainerfuchs sagte heute beim Auslaufen nämlich sinngemäß, auswärts fühle man sich halt weniger zuhause, das koste ein paar Prozente und die reichten eben aus, um das Niveau der Truppe fühlbar abzusenken. Simple is that.
Uns bleibt nix anderes als abzuwarten und Tee zu trinken. Bier ist bei mir erstmal nicht, bis Ostern, da bin ich erzkatholisch. Vielleicht hilft die Abstinenz ja schon nächste Woche. Da wartet die nächste Gelegenheit, unsere unschöne Bilanz auf fremden Plätzen ein wenig aufzuhübschen. Es geht nach Kölle, die Stadt mit der riesigen Kirche im Dorf. Gegen die wir seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr verloren haben. Soviel sei hiermit verraten.